Umstrittene Bischöfe:"Glaubwürdigkeit der Kirche infrage gestellt"

Die katholische Kirche streitet weiter um die Rehabilitierung von traditionalistischen Bischöfen. Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken beklagt einen Glaubwürdigkeitsverlust. Ein deutscher Kurienkardinal räumt Fehler des Vatikans ein.

Kurienkardinal Walter Kasper hat Versäumnisse des Vatikans bei der Aufhebung der Exkommunikation des Holocaust-Leugners und Traditionalistenbischofs Richard Williamson eingeräumt. "Es sind sicher auch Fehler gemacht worden im Management der Kurie - das will ich ganz ausdrücklich sagen", sagte Kasper am Montag im Radio Vatikan.

Umstrittene Bischöfe: Papst Benedikt XVI. steht wegen der Rehabilitierung von vier erzkonservativen Bischöfen heftig in der Kritik.

Papst Benedikt XVI. steht wegen der Rehabilitierung von vier erzkonservativen Bischöfen heftig in der Kritik.

(Foto: Foto: Reuters)

"Man hat da vorher im Vatikan zu wenig miteinander gesprochen und nicht mehr abgecheckt, wo die Probleme auftreten können." Kasper ist in der Kurie als Präsident des Päpstlichen Rates für die Förderung der Einheit der Christen auch für die Beziehungen zum Judentum zuständig. Die aktuelle Debatte beobachte er "mit großer Besorgnis", betonte er.

Zugleich verwies er darauf, dass keine Rede davon sein könne, dass die vier Bischöfe der Piusbruderschaft "jetzt schon in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche sind". Sie seien nach wie vor suspendiert. Die Aufhebung der Exkommunikationen bedeute in der Substanz nur, dass ein Hindernis für ein Gespräch mit der Bewegung beseitigt worden sei.

ZdK fordert Ultimatum für Piusbruderschaft

Nach der Rehabilitierung des Holocaust-Leugners Richard Williamson beklagte das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) einen Glaubwürdigkeitsverlust der katholischen Kirche: "Es belastet uns, dass es viele Reaktionen voller Enttäuschung und Ratlosigkeit gibt und dass die Glaubwürdigkeit der Kirche infrage gestellt wird", sagte ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper.

Es sei zwar eine wichtige Aufgabe des Papstes, sich um die Einheit der Kirche zu mühen, "die Einheit mit einigen darf aber nicht zu einer Erschütterung der großen Zahl von Menschen führen, die in der Mitte der Kirche sind." Er wünsche sich nun vom Papst klare Bedingungen an die traditionalistische Piusbruderschaft, sagte Vesper: "Eine klare Frist für die Piusbruderschaft, sich klar zum Zweiten Vatikanischen Konzil zu bekennen."

In der katholischen Kirche sei man sich einig, dass die Piusbruderschaft das Zweite Vatikanische Konzil "mit jedem Punkt und Komma anerkennen muss".

Die Piusbruderschaft lehnt einige Punkte des Zweiten Vatikanischen Konzils ab: die Ökumene in ihrer heutigen Form, die Religionsfreiheit, die Kollegialität der Bischöfe und die Liturgiereform. Diese Punkte sind ihrer Ansicht nach mit der katholischen Lehre unvereinbar. Darüber hinaus lehnt die Vereinigung die päpstliche Erklärung Nostra aetate ab, die unter anderem das Verhältnis der katholischen Kirche zum Judentum erneuerte.

Theologe Häring: Benedikt lässt kein Fettnäpfchen aus

Mehrere Piusbrüder haben öffentlich erklärt , dass sich Juden "des Gottesmordes mitschuldig" machten, wenn sie sich nicht taufen ließen. "Antisemitischer geht's nicht", meint Hermann Häring, langjähriger Theologie-Professor und Autor eines Buches über "Theologie und Ideologie Josef Ratzingers". Häring kritisierte Benedikt XVI. in diesem Zusammenhang scharf: "Man muss annehmen, dass der Papst grenzenlos naiv ist und nicht weiß, wes Geistes Kind diese Priesterbruderschaft ist". Von der Idee, die erzkonservative Piusbruderschaft zurück ins Boot zu holen, sei Benedikt offenbar so fixiert, dass er sich nur unzureichend informiert habe.

Immer deutlicher erweise sich der Papst als beratungsresistent. "Er benimmt sich wie der Klassenprimus, der immer alles weiß und niemanden fragen muss", kritisiert der Theologe. Dabei lasse Benedikt kein Fettnäpfchen aus, "und seine Fehltritte werden immer schlimmer."

Auch der Theologe Hans Küng kritisierte den Papst. Benedikt XVI. sei von der Welt außerhalb des Vatikans weitgehend abgeschottet. "Er merkt gar nicht, wie seine Aktionen in der Welt ankommen", sagte Küng im Deutschlandradio Kultur mit Blick auf die jüngsten Entscheidungen des Papstes. Die Kirche sei nach rechts abgedriftet, kritisierte er.

Küng: Papst muss das katholische Schiff wieder in die Mitte lenken

Die Rehabilitierung der vier konservativen Bischöfe und die Ernennung eines ebenfalls konservativen Priesters zum Weihbischof von Linz sind für Küng nicht überraschend: Der Papst sei schon vor einiger Zeit auf einen reaktionären Kurs eingeschwenkt, dieser ermögliche "nur noch ultrakonservativen Leuten" Zugang zum Bischofsamt.

Küng kritisierte, dass sich Benedikt XVI. nicht klar zum Zweiten Vatikanischen Konzil bekannt habe. Stattdessen habe er "notorische Feinde des Konzils hoffähig gemacht". Ein Kurswechsel des Papstes sei jetzt notwendig: "Er müsste das Schiff der katholischen Kirche, das nach rechts abgedriftet ist, als Kapitän wieder in die Mitte lenken."

Zuvor hatte der Hamburger Erzbischof Thissen deutliche Worte für die päpstliche Entscheidung gefunden. Thissen bezeichnet die Rücknahme der Exkommunikation des britischen Bischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson im Hamburger Abendblatt als "schlechte Entscheidung". Zwar habe Benedikt XVI. die Kluft zu den Traditionalisten überbrücken wollen, doch "hätte geklärt werden müssen, was die Meinung Williamsons ist". Der Brite hatte in einem TV-Interview gesagt, es seien nicht sechs Millionen Juden von den Nazis getötet worden, sondern zwischen 200.000 und 300.000. Er leugnete zudem die Existenz von Gaskammern in den Vernichtungslagern.

Der rehabilitierte Bischof Bernard Tissier de Mallerais von der tradionalistischen Piusbruderschaft hatte am Wochenende deutlich gemacht, dass er und seine Anhänger sich nicht mit der Wiederaufnahme in die Kirche Roms zufriedengeben wollen. "Wir werden unsere Positionen nicht ändern, sondern Rom bekehren", sagte er der Turiner Tageszeitung La Stampa vom Sonntag.

Die Verbannung habe 20 Jahre gedauert, und nun wollten die Bischöfe "den Vatikan in ihre Richtung führen". Im Übrigen seien sie für den Papst noch keine Bischöfe im eigentlichen Sinne: "Wir haben ja noch kein Bistum."

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