TV-Duell in Schottland:Rückschlag für die Ja-Sager

Lesezeit: 3 min

Alex Salmond (links) und Alistair Darling (rechts) im TV-Duell zur schottischen Unabhängigkeit, moderiert von Bernard Ponsonby. (Foto: REUTERS)

Spalten sich die Schotten von Großbritannien ab? 44 Tage vor dem Referendum versuchen die Nationalisten, im TV-Duell zu punkten. Doch eine Umfrage sieht sie als Verlierer. Die Gegner ärgern sie mit der Frage: In welcher Währung würden die Schotten zahlen?

Von Michael König

  • Am 18. September entscheiden die Schotten über die Abspaltung ihres Landes von Großbritannien. Im ersten von zwei TV-Duellen treffen Befürworter Alex Salmond und Gegner Alistair Darling aufeinander.
  • Eine Umfrage sieht Darling und die Nein-Sager vorn - doch sie hat ihre Tücken.
  • Die größten Streitthemen: Dürfte Schottland das britische Pfund behalten? Wäre Schottland wirtschaftlich überlebensfähig? Was passiert mit den britischen Atom-U-Booten?

Duell in Glasgow

Viel Zeit bleibt nicht mehr. In sechs Wochen, am 18. September, stimmen etwa vier Millionen Schotten ab: Soll ihr Land von Großbritannien unabhängig werden? Befürworter und Gegner eines Austritts aus dem Vereinigten Königreich liefern sich seit Monaten einen Wahlkampf. Am Dienstagabend trafen sich Alex Salmond, schottischer Ministerpräsident und Anführer der Befürworter, sowie Alistair Darling, Großbritanniens früherer Finanzminister und Kopf der Gegner-Kampagne, in Glasgow zu einem TV-Duell.

Der "lebhafte, zum Teil feindselige" (BBC) Schlagabtausch vor 350 ausgewählten Studiogästen kreiste vor allem um die Frage, ob Schottland in der Lage wäre, sich wirtschaftlich und politisch von London unabhängig zu machen.

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Umfrage sieht Abspaltungsgegner vorne

Die Londoner Tageszeitung Guardian erklärte Alistair Darling zum Gewinner des Duells. Eine Umfrage habe ergeben, dass 56 Prozent den Abspaltungsgegner vorne sahen. Für Alex Salmond, Chef der Scottish National Party, stimmten demnach nur 44 Prozent. Die Aussagekraft ist jedoch begrenzt: Gefragt wurden nur 500 schottische Wähler statt der sonst üblichen mehr als 1000. Außerdem wurden sie gebeten, ihre persönliche Ansicht über die Unabhängigkeit außer Acht zu lassen.

Kurz vor dem Duell hatte der übertragende Fernsehsender STV neue Zahlen veröffentlicht, wonach die Gegner der Abspaltung weiterhin über eine Mehrheit verfügen. 54 Prozent gaben an, mit Nein stimmen zu wollen. Sechs Prozent sind unentschieden, 40 Prozent für die Unabhängigkeit Schottlands. Das Ergebnis deckt sich mit bisherigen Meinungsumfragen. Demnach schmilzt der Vorsprung der Gegner zwar - aber womöglich nicht ausreichend, um die Trendwende noch zu erreichen. Ende des Monats treffen Salmond und Darling in der BBC in einem zweiten Duell aufeinander.

So argumentieren die Nationalisten

Die schottische Regionalregierung kann seit 1997 über Bildung und Erziehung, Gesundheitsfragen, Umwelt und Justiz in Schottland bestimmen. Doch das reicht Alex Salmond und den Abspaltungsbefürwortern nicht. Zu viel werde in London bestimmt, klagte der schottische First Minister im TV-Duell, zu dem er eigentlich den britischen Premier David Cameron herausgefordert hatte. Doch der lehnte ab.

"Niemand kann Schottland besser regieren als die Menschen, die hier leben und arbeiten", sagte Salmond. Das Referendum sei "eine Entscheidung zwischen Ehrgeiz und Angst. Das ist unsere Chance, ergreifen wir sie." Zwölf der 28 EU-Mitglieder seien genauso groß wie Schottland oder kleiner. "Wenige dieser Länder besitzen Ressourcen, wie wir sie haben. Es sollte also Einigkeit darüber herrschen, dass Schottland ein erfolgreiches, unabhängiges Land wäre", sagte Salmond im Hinblick auf die britischen Ölvorkommen, die zum größten Teil in schottischen Gewässern liegen.

Die Befürworter versprechen sich von der Unabhängigkeit höhere Einnahmen, ein besseres Sozialwesen sowie mehr Umweltschutz. Salmond will die britischen Atom-U-Boote, die bislang im schottischen Faslane-on-Clyde liegen, aus dem Land verbannen.

Wer hat gewonnen? Eine Guardian-Umfrage sieht Darling (rechts) und die Gegner vorne. (Foto: Getty Images)

Das halten die Nein-Sager dagegen

Darling warf Salmond vor, auf der Basis von "Herumrätseln, Daumen drücken und blindem Glauben" für die Abspaltung zu werben. "Wenn wir uns dafür entscheiden, gibt es keinen Weg zurück." Er wolle die Stärke des Vereinigten Königreichs dazu nutzen, Schottland stärker zu machen. "Lasst uns selbstbewusst, stolz und optimistisch sagen: Nein zum Risiko der Unabhängigkeit."

Der ehemalige Finanzminister von Großbritannien versuchte vor allem mit der Frage der Währung zu punkten, mit der die unabhängigen Schotten künftig zahlen würden. Der Euro ist seit der Krise zunehmend unbeliebt in Schottland. Das Pfund jedoch sollen die Schotten im Falle einer Abspaltung nicht behalten dürfen - eine schottisch-britische Währungsunion komme nicht in Frage, haben die Parteien im Londoner Parlament erklärt.

"Jeder Achtjährige kann die Flagge eines Landes beschreiben und seine Hauptstadt und Währung nennen. Unsere Flage ist die Saltire, unsere Hauptstadt wäre weiterhin Edinburgh. Aber Sie können uns nicht sagen, was unsere Währung wäre", hielt Darling seinem Kontrahenten Salmond entgegen: "Was soll sich ein Achtjähriger dabei denken?"

Vor 307 Jahren verlor Schottland seine Unabhängigkeit

Schottland und England waren lange zwei separate Königreiche. 1314 schlugen die Schotten die Engländer bei Bannockburn. Im Jahr 1603 wurde der schottische König James (Jakob) VI. als James I. auch König von England, anschließend ließ er sich 14 Jahre lang nicht mehr im Norden blicken. Vollständig verloren die Schotten ihre Unabhängigkeit 1707, als sie der Zusammenlegung der Parlamente zustimmten. Schottland stand damals vor dem Staatsbankrott.

Die Befürworter einer Abspaltung haben den 24. März 2016 als neuen Unabhängigkeitstag ausgerufen. Fällt das Referendum am 18. September 2014 positiv aus, soll bis dahin die Trennung vom Vereinigten Königreich abgeschlossen sein.

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