Türkei:Worum es in Incirlik geht

Deutsche Abgeordnete müssen ihre Soldaten besuchen dürfen.

Von Christoph Hickmann

Nur weil ein Staat Nato-Mitglied ist, heißt das nicht, dass es in seiner Armee zugeht wie in der Bundeswehr, wo jeder Soldat jederzeit eine Eingabe an den Wehrbeauftragten verfassen kann. Einen Eindruck von den kulturellen Unterschieden zwischen deutscher und türkischer Truppe bekamen etwa jene Bundeswehrsoldaten, die mit ihren Patriot-Raketen in der Türkei stationiert waren - unter anderem durch einen türkischen General, der eine deutsche Soldatin schubste. Doch der Konflikt um den Besuch von Abgeordneten in Incirlik geht weit über solche Differenzen hinaus.

Erstens kommt die Entscheidung, solche Besuche abzulehnen, von ganz oben, weshalb es hier nicht mehr um militärische, sondern um hochpolitische Fragen geht. Zweitens berührt und verletzt die Haltung der Türkei den Kern dessen, was unter einer Parlamentsarmee zu verstehen ist: Diejenigen, die deutsche Soldaten in Einsätze schicken, müssen jederzeit in der Lage sein, sie dort zu besuchen. Sollte die Türkei hart bleiben, bliebe der deutschen Seite gar nichts anderes übrig, als die Bundeswehr- Tornados abzuziehen.

Sollte es so weit kommen, beträfe das aber nicht nur die deutsch-türkischen Beziehungen, sondern darüber hinaus das Verhältnis zur Nato. Man müsste sich dann endgültig Sorgen darüber machen, ob die Türkei ihre Zukunft in der Allianz sieht. Denn mit Verbündeten geht man so nicht um. Jedenfalls nicht auf Dauer.

© SZ vom 26.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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