Türkei:Machtgehabe

Ursula von der Leyen besucht Bundeswehrsoldaten - das ist ein wichtiges Zeichen an die Regierenden in der Türkei.

Von Joachim Käppner

Zu den erstaunlichsten und beunruhigendsten Eigenschaften des neuen Nationalismus gehört seine Irrationalität. Sie zeigt sich in großen Entscheidungen wie dem Brexit und in hässlichen kleinen Possen wie dem Einreiseverbot der Türkei für den deutschen Verteidigungs-Staatssekretär Ralf Brauksiepe. Dieses Verbot war eine reine Schikane, sein einziger Grund: der Ärger der türkischen Regierung über die Resolution des Bundestags, die den Völkermord an den Armeniern verurteilt hatte.

Es war daher richtig, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen klare Kante gezeigt und angekündigt hatte, selbst zu jenen Bundeswehrsoldaten zu reisen, die vom türkischen Incirlik aus als Teil der internationalen Koalition gegen den Kalifatstaat des IS operieren. Dennoch, der Eklat bleibt. Sie darf nun kommen, Abgeordnete des Bundestages dürfen es nicht - obwohl die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist. Ein trotzköpfiges Verhalten wie jenes der Regierung in Ankara schwächt die Beziehungen zwischen Nato-Partnern und die Koalition gegen den IS, dem gegenüber die Türkei ohnehin einen zwiespältigen Kurs einschlägt. Präsident Erdoğan ist der Kampf gegen die Kurden der PKK wichtiger als der gegen die Islamisten.

Die türkische Regierung hat ein Zeichen gesetzt. Es ist aber kein Zeichen der Stärke, sondern jener Art von Blindheit, die man Machtpolitik nennt.

© SZ vom 28.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: