Türkei:Ende der Aussöhnung

Die Regierung und die Kurden gefährden den Frieden.

Von Luisa Seeling

Von Vertrauen war der Friedensprozess zwischen der türkischen Regierungspartei AKP und den Kurden nie geprägt, er war von Anfang an fragil. Trotz des seit 2014 geltenden Waffenstillstands gab es Gefechte zwischen der kurdischen Untergrundorganisation PKK und Sicherheitskräften. Die Gespräche stockten, doch es gab einen Restwillen, sie nicht ganz abzubrechen. Nach dem Anschlag von Suruç in dieser Woche muss man fragen: Gilt das noch?

Die Regierung scheint diesen Willen kaum mehr aufzubringen. Es gab nach Suruç keine Gesten der Solidarität, keine Flaggen auf Halbmast für die toten, überwiegend prokurdischen Aktivisten. Man könne nicht für jeden Vorfall einen Volkstrauertag ausrufen, begründete die Regierung diese Haltung. Premier Ahmet Davutoglu räumte zwar früh die Möglichkeit eines IS-Anschlags ein, er gestand jedoch nicht zu, dass die Laissez-Faire-Politik gegenüber der Islamisten-Miliz falsch war.

Ebenso fatal sind die Reflexe, die auf kurdischer Seite greifen. Der militärische Flügel der PKK bekannte sich zu der Hinrichtung zweier Polizisten, es handele sich um Vergeltung für Suruç. In Wirklichkeit war der Doppelmord ein Akt des Terrors, der all jene bestätigen wird, die dem Aussöhnungsprozess von Anfang an skeptisch gegenüberstanden. Der Anschlag von Suruç hat kein Zusammenrücken gegen einen gemeinsamen Feind bewirkt, sondern die Fronten verhärtet.

© SZ vom 24.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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