Türkei:Bitte keinen Zeitdruck

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Die Türkei will keine deutschen Abgeordneten auf den Nato-Stützpunkt Konya lassen. Die Bundesregierung setzt keine Frist, sie sucht das klärende Gespräch.

Die Bundesregierung will der Regierung in Ankara keine Frist für die Gewährung von Besuchen deutscher Abgeordneter auf dem türkischen Nato-Stützpunkt Konya setzen. "Ich halte es nicht für sinnvoll, jetzt hier Zeiterwartungen in den Raum zu stellen oder Zeitfristen zu nennen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Aber es gebe ein Recht der Parlamentarier, die Truppe zu besuchen. Deshalb werde jetzt auf allen Ebenen, auch über die Nato, das Gespräch mit der Türkei gesucht.

Dürfen die Abgeordneten nicht kommen, muss die Bundeswehr gehen, fordert die Linke

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte, es handle sich um eine Verschiebung, nicht um eine Absage seitens der Türkei. "Wir nehmen jetzt die Türkei beim Wort und gehen daran, einen baldigen Termin für eine solche Reise mit der Türkei zu besprechen." Das Auswärtige Amt hatte am Freitag Mitgliedern des Verteidigungsausschusses mitgeteilt, die türkische Regierung habe um eine Verschiebung ihrer für Montag geplanten Reise gebeten - ohne aber einen neuen Termin zu nennen. Als Begründung gab Ankara den Zustand der deutsch-türkischen Beziehungen an. Zwischen Berlin und Ankara hatte es erhebliche Verstimmungen gegeben, weil deutsche Parlamentarier die Bundeswehrsoldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Incirlik nicht besuchen durften. Die Bundeswehr inzwischen den Abzug aus dem Standort begonnen. Anders als Incirlik ist Konya jedoch ein Nato-Stützpunkt; die deutschen Soldaten stellen einen Teil der Besatzungen in den Awacs-Aufklärungsflugzeugen.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, gegenüber Erdoğan Klartext zu reden. Sie solle dem türkischen Präsidenten klar machen, "dass das uneingeschränkte Besuchsrecht der Soldaten für Deutschland eine zentrale Bedingung für die Bündnisverpflichtung ist." Der Linken-Verteidigungsexperte Alexander Neu sagte, geostrategische Interessen wögen für die Bundesregierung schwerer als Selbstachtung. Die Nato-Bündnistreue dürfe nicht wichtiger sein als das Besuchsrecht der Parlamentarier. Sollten die Abgeordneten die Soldaten in Konya nicht besuchen dürfen, müssten alle Bundeswehrtruppen aus der Türkei abgezogen werden.

Die Türkei hatte das Besuchsverbot in Incirlik damit begründet, dass türkische Offiziere nach dem Putsch vor einem Jahr in Deutschland Asyl bekommen hatten. Das Asylverfahren werde vom Gesetzgeber vorgegeben, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Das sei daher nicht verhandelbar. Nach Aussage Merkels vom Sonntag hat die Frage einer Asylgewährung und des Besuchrechts "nichts, aber auch gar nichts miteinander zu tun". "Wo die Kanzlerin Recht hat, hat sie Recht", teilte der Grünen-Politiker Volker Beck mit. Es sei "ein Grundpfeiler des Asylrechts, dass die Asylgewährung nicht als feindlicher Akt gegen den Herkunftsstaat aufgefasst werden darf. Es ist daher nur folgerichtig, wenn Merkel darauf hinweist, dass die Asylgewährung nicht zur Verhandlungsmasse werden darf."

© SZ vom 18.07.2017 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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