Türkei:AKP bleibt in Deutschland ohne Verluste

Lesezeit: 1 min

Die hier lebenden Türken stimmen bei der Parlamentswahl treu für die Partei des Präsidenten Erdoğan. Aber auch die Kurden-Partei HDP erzielt ein starkes Ergebnis.

Anders als in der Türkei hat die islamisch-konservative AKP des Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan bei den Türken in Deutschland eine absolute Mehrheit gewonnen. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu stimmten circa 53 Prozent der in Deutschland lebenden 1,4 Millionen wahlberechtigten Türken für die AKP. Die prokurdische Partei HDP bekam rund 18,7 Prozent. Drittstärkste Kraft wurde die CHP mit 15,8 Prozent der Stimmen.

Die meisten in der Schweiz lebenden türkischen Wahlberechtigten stimmten laut Anadolu für die HDP (circa 49 Prozent), gefolgt von der AKP (circa 24 Prozent). In Österreich erreichte die AKP circa 64 Prozent und die HDP circa 14 Prozent. Fast die Hälfte der etwa 2,9 Millionen Türken, die im Ausland abstimmen durften, leben in Deutschland. Anadolu zufolge lag deren Wahlbeteiligung bei etwa 44 Prozent. Die Kurden unter ihnen feierten in deutschen Innenstädten mit Autokorsos und spontanen Feiern den Wahlerfolg der HDP. In Hamburg, Stuttgart, Frankfurt und Berlin kamen am Sonntagabend einige Hundert Menschen zusammen.

Grünen-Chef Özdemir: "Ein Signal für Freiheit und Demokratie"

Gülay Kızılocak vom Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung erklärte das Wahlverhalten der türkischen Wähler in Deutschland damit, dass diese eher konservativ geprägt seien. "Zweitens sind die AKP-Anhänger in Deutschland sehr gut organisiert", sagte Kizilocak. Die AKP habe in Deutschland nicht so viele Wähler an andere Parteien verloren. Ihre Wähler "gehören meistens der ersten Generation von Türken an, die nach Deutschland gekommen sind". Sie seien mit den Diskussionen in der Türkei nicht direkt konfrontiert, so die Wissenschaftlerin. "Deshalb bleiben sie der AKP treu. Die Entfernung spielt dabei eine große Rolle." Auch die kurdische HDP sei in Deutschland gut organisiert gewesen. Sie habe davon profitiert, dass AKP-Gegner unbedingt eine Veränderung im Parlament wollten. "Wie in der Türkei hat es die Wähler auch in Deutschland mobilisiert, dass die HDP an der Zehn-Prozent-Hürde hätte scheitern können."

Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir nannte das Wahlergebnis ein "Signal für Freiheit, Demokratie und Vielfalt". Er sagte am Montag in Berlin: "Die Träume von Herrn Erdoğan, die Türkei in ein Regime à la Putin zu verwandeln, sind ausgeträumt." Özdemir begrüßte vor allem das Ergebnis der HDP, sie sei eine gesamt-türkische Reformpartei. Auch die Grünen in der Türkei unterstützten die HDP.

© SZ vom 09.06.2015 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: