Tschechien:Regierungskoalition in Prag löst sich auf

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Tschechien steht möglicherweise vor vorgezogenen Wahlen. Die drei Regierungsparteien haben den Koalitionsvertrag wegen fehlender Mehrheiten aufgekündigt. Eine Bestechungsaffäre hatte den kleinsten Koalitionspartner gespalten. Regierungschef Necas will nun sondieren, ob er trotzdem genügend Unterstützung im Parlament findet.

Die Drei-Parteien-Koalition in Tschechien hat wegen fehlender Mehrheiten im Parlament ihre Auflösung beschlossen. Die Mitte-rechts-Regierung von Ministerpräsident Petr Necas bleibt aber im Amt.

Necas teilte am Sonntag in Prag mit, die Koalition aus seiner Demokratischen Bürgerpartei (ODS), der konservativen TOP 09 und der Partei für öffentliche Angelegenheiten (VV) werde zum kommenden Freitag beendet. Zugleich kündigte er an, dass er mit seinen bisherigen Partnern nach neuen Mehrheiten suchen wolle. Sollten diese nicht gefunden werden, seien Neuwahlen die einzige Alternative.

Hintergrund der Entscheidung ist die Aufspaltung des kleinsten Koalitionspartners, Öffentliche Angelegenheiten (VV), in zwei Fraktionen. Dadurch verlor die Regierung ihre bisherige Mehrheit im Parlament. Als Konsequenz daraus habe er zusammen mit den Vorsitzenden seiner Koalitionspartner die Auflösung des Bündnisses beschlossen, erklärte Necas.

Die Ankündigung, die Koalition aufzulösen, erfolgte nach der Verurteilung eines führenden VV-Mitglieds, Vit Barta, wegen Bestechung am Freitag. Das berichtete die Nachrichtenagentur dadp. Barta erklärte darauf, er werde die Politik verlassen, weigerte sich aber, sein Abgeordnetenmandat niederzulegen.

Andere führende Mitglieder der Partei wie die stellvertretende Vorsitzende Karolina Peake traten wegen der Affäre in der vergangenen Woche aus und wollen eine neue Partei gründen, die möglicherweise eine Koalition mit Necas eingeht.

Peake könnte nun das Zünglein an der Waage werden: Sollte sie genug bisherige VV-Parlamentarier auf ihre Seite ziehen und sollten diese dann Necas unterstützen, hätte dieser im Parlament weiter eine Mehrheit. "Je mehr VV-Abgeordnete zur Plattform (von Peake) übertreten, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit von Neuwahlen", sagte Necas der tschechischen Nachrichtenagentur CTK.

Das Mitte-rechts Regierungsbündnis steht wegen der strikten Sparpolitik, aber auch wegen Korruptionsskandalen massiv in der Kritik. Am Samstag demonstrierten in Prag 90.000 Menschen gegen die Regierung und für vorgezogene Wahlen. Es war eine der größten Demonstration seit dem Ende des Kommunismus' 1989. Sollte es knapp zwei Jahre vor dem regulären Termin zu Neuwahlen kommen, sehen Meinungsumfragen die oppositionellen Sozialdemokraten (CSSD) von Bohuslav Sobotka als Favorit.

© Süddeutsche.de/dapd/AFP/Reuters/fran - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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