Tesla:Ab ins Kontrollzentrum

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Elon Musk lässt sich gern als Abenteurer feiern. Und vergisst dabei seine Verantwortung für Mitarbeiter, Kunden und Aktionäre. Sie brauchen keinen Major Tom, sondern jemanden, der für Verlässlichkeit steht.

Von Hans von der Hagen

Elon Musk ist derzeit wohl der einzige Unternehmenschef, der weltweit eine große Zahl von Menschen begeistern kann. Dafür gibt es gute Gründe: Er schießt Raketen ins All, die wiederverwendet werden können, und baut elektrische Autos, die beinahe schon allein fahren können. Das sind unbestreitbare Erfolge in zwei Branchen, in denen Neulinge für gewöhnlich krachend scheitern. Viele Menschen sehen in Musk deshalb den Retter, der mit seinen Tesla-Fahrzeugen die trüben Abgaswolken vertreiben wird. Andere halten ihn für einen Abenteurer, dem weder Mars noch Pluto zu fern sind. Wieder anderen gilt Musk als Rebell. Als einer, der es wagt, eine fast fünfzehnjährige Verlustgeschichte bei Tesla mit der simplen Bemerkung beiseitezuwischen, dass eben nicht die Aussicht auf Profit seine Leute motiviere. Und der sich - anders als andere Unternehmenslenker - auf Twitter unglaublich nahbar gibt.

Allein - jetzt feuert dieser Abenteurer, Retter und Rebell bei Tesla wohl rund 4100 Leute. Er muss es machen, weil die Zukunft des Unternehmens gefährdet ist. Doch es hätte nicht so weit kommen dürfen. Die Kündigungen zeigen, dass Musk den Überblick verloren hat. Dass es ihm nicht gelungen ist, Tesla als Firma zu begreifen, für die eben auch die Hindernisse und Mühen der normalen Unternehmenswelt gelten. So erklärt es sich, dass Tesla noch immer ein Musk vorsteht, der sich am liebsten von allen feiern lässt. Doch Tesla braucht jetzt einen Musk, der auch Verantwortung für andere übernimmt.

Gewiss, dass etwas nicht mehr stimmte, hatte er zuletzt auch selbst gemerkt. Erstaunlich dünnhäutig kübelte der Manager auf Twitter Spott über andere aus. Über Experten etwa, die nachfragten, wie das eigentlich mit Tesla weitergehen solle, wenn das Unternehmen Monat für Monat viele Millionen Dollar verbrenne. Und über Menschen, die wissen wollten, welche Bedeutung Musks Versprechen haben, wenn sich diese binnen kürzester Zeit als Makulatur erweisen. Da es immer Musk ist, der bei Tesla das Wort führt, entsteht mitunter der Eindruck, dass eigentlich nur er im Risiko stünde und darum alles nicht so schlimm sei. Tatsächlich aber gibt es drei große Gruppen, für die der Unternehmer eine Fürsorgepflicht hat, ob er will oder nicht. Zunächst sind das die 46 000 Mitarbeiter. Sie und ihre Familien sind von den Entscheidungen Musks abhängig. Sie dürften fassungslos zuhören, wenn der öffentlich feststellt, dass das Herstellen von Autos doch komplizierter sei als gedacht. Dann sind da die Kunden, von denen die meisten mehr als 70 000 Dollar für ihre Fahrzeuge bezahlt haben. Was sollen sie denken, wenn Musk als Aprilscherz auf Twitter mitteilt, dass Tesla leider pleite sei? Sie brauchen Werkstätten, sie brauchen Ersatzteile und ein funktionierendes Netz von Ladestationen, das auch mal Tesla-Touren über 400 Kilometer hinaus möglich macht.

Zuletzt trägt Musk auch Verantwortung für die Aktionäre und Gläubiger seines Unternehmens, mögen sie noch so lästige oder, wie Musk es gerne formuliert, "langweilige" Fragen stellen. Diese drei Gruppen feiern nicht, wenn Musk davon träumt, die Menschheit zu einer multiplanetaren Spezies zu machen. Sie brauchen keinen Major Tom, sondern jemanden, der im Kontrollzentrum für so irdische Werte wie Verlässlichkeit steht. Ist Musk nicht bereit, diese Aufgabe zu übernehmen, werden noch weit mehr Leute ihren Job bei Tesla verlieren.

© SZ vom 14.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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