Terror:Im Kreislauf der Gewalt

Die Briten sind besonders verletzbar, ihr System ist instabil.

Von Stefan Kornelius

Vermutlich gibt es in London nur wenige Plätze, die eine so hohe religiöse und kulturelle Vielfalt zu bieten haben wie Finsbury Park. Und vermutlich gibt es neben London auf der Welt nur wenige Städte, die eine so große ethnische Vielfalt aufweisen und diese Vielfalt auch noch als Bereicherung, ja als Touristenattraktion zu nehmen wissen. Und dann gibt es eben all jene, die mit dieser Vielfalt nicht zurechtkommen, die sich gar bedroht fühlen und mit Gewalt reagieren.

Die britische Gesellschaft zeichnet sich nicht gerade durch eine enorme Integrationsleistung aus, multikulturelle Zonen wie Finsbury Park sind eher die Ausnahme als die Regel. Da unterscheidet sie sich nicht von anderen in Europa. Die Briten mögen bemerkenswert tolerant und höflich sein, aber die Serie an terroristischen Anschlägen durch Islamisten hat auch hier die vorhersehbare Reaktion ausgelöst. In den Tagen nach dem London-Bridge-Attentat vervierfachten sich anti-muslimische Vorfälle, es war also geradezu erwartbar, dass es auch zu Toten und Verletzten kommen könnte.

Großbritannien steht in der Gefahr, dass sich dieser Kreislauf aus Gewalt und Gegengewalt beschleunigt, was nicht zuletzt durch den Wettlauf der politischen Führungsfiguren zu den Orten der Katastrophe sichtbar wird. Terror funktioniert, wenn er auf ein allemal instabiles System trifft. Bedauerlicherweise ist dieses Land deshalb besonders verletzbar.

© SZ vom 20.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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