SZ-Kommentar:Beweis gegen bin Laden

Stefan Kornelius

(SZ vom 11. 12.2001) - Seit dem 11. September wächst in der demokratisierten Welt ein verständliches Bedürfnis, dass man die Hintermänner der Attentate einem rechtsstaatlichen Verfahren zuführen möge, in dem die Tat zweifelsfrei bewiesen wird.

Umgekehrt wächst aber auch - wie immer nach erderschütternden Tragödien - die Zahl der Freunde deftiger Konspirationen. Im Falle New York gehen die Hirnschwurbeleien so weit, dass die Anschläge der US-Regierung selbst zugeschrieben werden.

Die Theorie: Sie habe mit dem Massaker an den eigenen Bürgern einen äußeren Feind aufbauen wollen, um von ihrer inneren Schwäche abzulenken - ähnlich wie 1969, als die in Wahrheit aus einem Studio übertragene Mondlandung den äußeren Feind Sowjetunion ...

Wahrheit und Hirngespinst werden vor allem durch den Beweis getrennt. Jetzt haben die USA ein neues Video in Händen, in dem Osama bin Laden deutlicher als je zuvor Hinweise auf seine Mittäterschaft gibt: Erstens weiß er, dass manche der Flugzeugentführer von ihrem bevorstehenden Selbstmord nichts wussten und ahnungslos in den Tod flogen.

Und zweitens soll er nach dem ersten Aufprall angekündigt haben, dass weitere Höhepunkte zu erwarten seien.

Beweiskräftig für eine Verurteilung wird das nicht sein, aber es verdichtet die Spur. Bin Laden wird, wie vor ihm viele Anstifter zum Massenmord, nur schwer zu überführen sein. Aber die Spur der Attentäter führt eindeutig zu seiner Terror-Organisation. Bin Laden ist der geistige Vater des religiös motivierten Mord-Fanatismus.

Seine Verhaftung dient nicht weniger der Bestrafung vergangener Taten (die sich im Fall der Botschafts-Bomben übrigens besser belegen lassen), als der Prävention.

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