Südkorea:22 Stunden voller Fragen

Lesezeit: 1 min

Ex-Präsidentin Park muss den Ermittlern Auskunft geben zu den schweren Korruptionsvorwürfen, die gegen sie erhoben werden.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Im Morgengrauen des Mittwoch, nach fast 22 Stunden Verhör, entließen die Ermittler Park Geun-hye nach Hause. Südkoreas gestürzte Präsidentin steht unter Verdacht, sie habe sich zugunsten ihrer Freundin Choi Soon-sil von mehreren Großkonzernen bestechen lassen, allen voran von Samsung. Die Deliktsumme wird auf mehr als 40 Millionen Euro geschätzt. Dafür sieht das Gesetz zehn Jahren Gefängnis vor. Insgesamt werden Park 13 Straftaten vorgeworfen, darunter Erpressung und Machtmissbrauch. Haftbefehl haben die Ermittler gegen die 65-Jährige bisher nicht beantragt, in Seoul wird aber mit ihrer Verhaftung gerechnet.

Die Opposition hatte Park zuvor erneut aufgefordert, das Urteil des Verfassungsgerichts anzuerkennen und so den demokratischen Prozess zu akzeptieren. Politiker, die sich aus Protest gegen Park von ihrer konservativen Partei abgespalten und eine neue Partei gegründet hatten, nannten das Ermittlungsverfahren "Parks letzte Chance, die Wahrheit zu sagen", es sei das Mindeste, was die Ex-Präsidentin tun könne. Zudem wollen sie möglichst bald die enorme Macht des Staatspräsidenten per Verfassungsänderung beschränken.

Ehe Park das Justizgebäude betrat, gab sie nur ein Statement ab: Es tue ihr leid für die Bevölkerung, dass es soweit gekommen sei, sie werde im Verfahren aufrichtig antworten. Als sie sich Mittwoch früh nach sieben Uhr in ihr Haus zurückbringen ließ, erwarteten sie dort Anhänger, welche die ganze Nacht ausgeharrt hatten.

Vom Verhör wurde nur bekannt, dass Park ausgesagt habe, aber alle Vorwürfe bestreite. Normalerweise werden solche Verhöre in Südkorea aufgezeichnet, doch Park wollte das nicht. Die Staatsanwaltschaft gab nach, weil sie erwartete, dass die Ex-Präsidentin dann mehr preisgeben würde. In Südkorea darf ein Staatsanwalt Verdächtige nur bis Mitternacht zum Verhör zwingen, danach hätte Park das Recht gehabt, eine Pause zu verlangen. Sie verzichtete offenbar. Ursprünglich sah die Staatsanwaltschaft auch ein Kreuzverhör mit Choi und früheren Mitarbeitern von Parks Präsidialamt vor, die alle in Untersuchungshaft sitzen. Aber sie sollen die Gegenüberstellung mit Park "aus persönlichen Gründen" abgelehnt haben.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: