Studie zu Waffenexporten:Asien rüstet auf, Europa hat andere Sorgen

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Die fünf größten Waffenimporteure der Welt liegen allesamt in Asien - und China ist als Exportnation in den Top Fünf angelangt. Das geht aus einer Untersuchung des Stockholmer Friedensforschungsinstituts Sipri hervor. In Europa wirkt sich die Schuldenkrise dagegen auch auf die Rüstungsgeschäfte aus.

Das Stockholmer Institut für internationale Friedensforschung (Sipri) hat seine Zahlen zum Waffenexport in den Jahren 2008 bis 2012 veröffentlicht. China übernimmt demnach als erster neuer Staat seit 20 Jahren eine Schlüsselposition. Auch in anderen asiatischen Staaten werden Rüstungsgeschäfte wichtiger. In Europa macht sich hingegen die Schuldenkrise bemerkbar. Die wichtigsten Ergebnisse der Sipri-Studie im Überblick:

  • Top-Vier-Rüstungsnationen: Auf den vorderen vier Plätzen bleibt alles wie gehabt: Demnach sind die USA mit einem Anteil von 30 Prozent die größte Rüstungsexport-Nation der Welt. Dahinter folgt Russland mit 26 Prozent. Die größten Länder der EU, Deutschland (sieben Prozent) und Frankreich (sechs Prozent), belegen die Plätze drei und vier.
  • China verdrängt Großbritannien: China rückt in die Spitzengruppe auf - das 1,3-Milliarden-Einwohner-Land ist der Sipri-Studie zufolge die neue Nummer fünf beim Export mit Rüstungsgütern und verdrängt damit Großbritannien. Es ist das erste Mal seit 1950, dass das Vereinigte Königreich nicht mehr unter den ersten Fünf steht, und das erste Mal in den vergangenen 20 Jahren, dass ein neues Land die Konstellation in der Top-Fünf-Gruppe verändert. Im Vergleich zum vorangegangenen Untersuchungszeitraum (2003-2007) seien die Waffenverkäufe Chinas zwischen 2008 und 2012 um 162 Prozent gewachsen, sein Anteil am weltweiten Rüstungsexport stieg von zwei auf fünf Prozent.
  • Pakistan kauft in China ein: Sipri zufolge ist Pakistan der wichtigste Kunde Chinas. Etwa 55 Prozent seiner Waffenlieferungen gehen in das Land, das mit Indien im Streit um die Grenzregion Kaschmir liegt. Doch auch wenn China seinen Aufstieg als Waffenexporteur vor allem Pakistan verdanke, so wiesen doch eine Reihe von Waffendeals darauf hin, dass das Land sich für mehrere Staaten zum bedeutenden Waffenlieferanten aufschwinge, sagt Paul Holtom. Er ist bei Sipri für die Erforschung von Waffenlieferungen zuständig.
  • Kritik an China: Organisationen wie Amnesty International kritisieren China dafür, Waffen vor allem in "Entwicklungsländer mit schlechter Menschenrechtslage" zu liefern. Handfeuerwaffen chinesischer Bauart hätten zur Krise in der sudanesischen Region Darfur beigetragen, die nach Angaben von Amnesty International 300.000 Menschenleben gekostet hat. Chinesische Raketen und Minen seien in der Vergangenheit an das libysche Regime von Muammar al-Gaddafi geliefert worden. Die Washington Post berichtete 2012 unter Berufung auf Untersuchungen der Vereinten Nationen, auch im Kongo, an der Elfenbeinküste und in Somalia werde mit chinesischen Waffen geschossen. Das Institute for Science and International Security (ISIS) in Washington wirft Peking vor, chinesische Firmen hätten Nukleartechnologie an Iran und Nordkorea weitergegeben.
  • Asiatische Staaten rüsten auf: Die Top-Fünf-Importländer von konventionellen Waffen liegen nach Zahlen von Sipri in Asien. Indien hatte in den vergangenen fünf Jahren einen Anteil von zwölf Prozent, China immerhin sechs Prozent. Dahinter rangieren Pakistan und Südkorea mit jeweils fünf Prozent, Singapur belegt mit vier Prozent Position fünf. Außerdem hätten Staaten in Asien Angriffs- und Transportsysteme mit großen Reichweiten erworben, oder planten dies zu tun. Als Beispiel nennt Sipri die russische Lieferung eines Atom-U-Bootes an Indien sowie die Inbetriebnahme des ersten chinesischen Flugzeugträgers.
  • Europäische Staaten fahren Rüstung zurück: Europäische Staaten fuhren ihre Rüstungsimporte zurück. Als Folge von Sparprogrammen bekamen sie 20 Prozent weniger Waffen geliefert. So verringerten Italien und die Niederlande im vergangenen Jahr ihre Bestellungen von US-amerikanischen F-35-Kampfflugzeugen. Portugal und Spanien versuchen demnach sogar, kürzlich gekaufte F-16-Flieger oder Eurofighter wieder loszuwerden. Griechenlands Import von Waffen fiel im Vergleich zum vorhergehenden Untersuchungszeitraum zwischen 2008 und 2012 sogar um 61 Prozent.
  • Deutschland hält Platz drei: Deutschland belegte nach den Sipri-Angaben den dritten Platz auf der Liste der Waffenexporteure mit einem Marktanteil von sieben Prozent. Wichtigster Abnehmer deutscher Rüstungsgüter war in den vergangenen fünf Jahren trotz drohendem Staatsbankrott Griechenland, gefolgt von Südkorea und der Türkei. Die deutschen Ausfuhren gingen gegenüber den vorangegangenen Jahren nach umfangreichen Lieferungen von Kriegsschiffen um acht Prozent zurück.

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Von Jannis Brühl
  • Russland exportiert nach Syrien: Ungeachtet des Bürgerkriegs bleibt Russland der wichtigste Waffenlieferant für das Regime von Baschar al-Assad: Sipri zufolge kamen zwischen 2008 und 2012 etwa 71 Prozent der importierten Waffen aus Russland. Auch im Jahr 2012 habe Moskau weiter Waffen und Munition geliefert.

Die Datenbasis des 1966 von der schwedischen Regierung gegründeten Instituts reicht nach eigenen Angaben bis in das Jahr 1950 zurück. Sipri bewertet demnach das Volumen von Waffenlieferungen, nicht deren finanziellen Wert. Die Untersuchungszeiträume betragen jeweils fünf Jahre - diesmal von 2008 bis 2012.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/mane/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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