Streit über Sitzplatzvergabe:Gericht verschiebt NSU-Prozess auf Mai

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Das Strafjustizzentrum in der Nymphenburger Straße in München - Schauplatz des NSU-Prozesses. (Foto: dpa)

Der Prozess gegen die Terrorzelle NSU beginnt später als geplant. Das Oberlandesgericht München verschiebt den Auftakt auf den 6. Mai, um das Akkreditierungsverfahren neuzustarten. Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass auch ausländische Journalisten als Prozessbeobachter zugelassen werden müssen.

Das Oberlandesgericht München hat den Beginn des NSU-Prozesses vom 17. April auf den 6. Mai verschoben.

In einer Pressemitteilung erklärte das Gericht, diese Entscheidung sei im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sitzplatzvergabe gefallen. Deswegen sei ein neues Akkreditierungsverfahren für die Vertreter der Presse nötig. Dieses könne aber zeitlich und organisatorisch nicht mehr bis zum geplanten Verhandlungsbeginn am 17. April bewerkstelligt werden.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am vergangenen Freitag entschieden, dass das Oberlandesgericht München an ausländische Medien eine angemessene Zahl von Sitzplätzen vergeben müsse. Vorgeschlagen wurden drei Plätze. Damit gab das Gericht einer Beschwerde der türkischen Zeitung Sabah teilweise statt. Das Gericht hatte die Presseplätze nach der Reihenfolge der Anfragen verteilt und nachträgliche Änderungen abgelehnt. Sabah hatte vergangene Woche die Verfassungsbeschwerde eingereicht.

Anja Sturm, Verteidigerin der Hauptangeklagten Beate Zschäpe, reagierte besonnen auf die Entscheidung des Münchner Gerichts: "Für uns als Verteidigung kommt diese Entwicklung nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht unerwartet", sagte die Rechtswanwältin zu Süddeutsche.de. "Um sich da nicht ins Chaos zu manövrieren, wurde die Entscheidung nötig, das Akkreditierungsverfahren zu wiederholen."

"Slapstick-Charakter"

Dies bedeute zwar eine Verzögerung des Prozesses, was nie gut sei, sagte Sturm. Dennoch sei es besser so, dass in einem solch prominenten und wichtigen Prozess das Akkreditierungsverfahren geordnet vonstattengehe.

Kritik kam jedoch von der Opferseite. Der Berliner Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler, Vertreter von zwei Opferfamilien, kritisierte die Verschiebung scharf. "Ich bin fassungslos und entsetzt", sagte er der Mitteldeutschen Zeitung. "Man sollte meinen, dass ein Gericht in der Lage ist, eine Sitzplatzfrage zu klären. Diese Situation hat Slapstick-Charakter bekommen."

© Süddeutsche.de/dpa/afp/pauk/mane - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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