Streit über Bundesrat:"Schäuble-Vorschlag unterstützenswert"

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Im Streit über neue Abstimmungsregeln für den Bundesrat erhält der Innenminister überraschend Rückendeckung von SPD-Fraktionschef Peter Struck.

Die Diskussion über vereinfachte Abstimmungsregeln im Bundesrat, wie Innenminister Wolfgang Schäuble sie vorgeschlagen hat, geht in eine neue Runde: Mit Fraktionschef Peter Struck hat sich nun überraschend ein führender SPD-Politiker solidarisch mit Schäubles Plänen gezeigt.

SPD-Fraktionschef Peter Struck meldet sich zu Wort: Schäubles Vorschlag, die Abstimmungsregeln für den Bundesrat zu ändern, sei vernünftig. (Foto: Foto: ddp)

"Ich halte wie der Bundespräsident den Schäuble-Vorschlag für unterstützenswert", sagte Struck der Frankfurter Rundschau. Struck monierte zwar, Schäuble habe seine Initiative "zum falschen Zeitpunkt" gestartet. In der Sache sei er aber ganz auf der Linie des CDU-Politikers.

Eine so deutliche Stellungnahme hat Struck bisher nicht zu Schäubles Vorschlag abgegeben. Er hatte sich jedoch vor dem jüngsten Kompromiss über das BKA-Gesetz verärgert über den Widerstand und Enthaltungen aus mehreren Ländern geäußert. Erst nachdem SPD und Union auf Bund- und Länderebene sich auf etwas engere Grenzen bei den strittigen Befugnissen zur Online-Durchsuchung Terrorverdächtiger einigten, hatte die SPD den Widerstand in den von ihr regierten oder mitregierten Länden aufgegeben.

Auf dem Höhepunkt des Streits über das BKA-Gesetz hatte Schäuble gefordert, das Grundgesetz solle so geändert werden, dass im Bundesrat eine einfache Mehrheit genügt.

Der Bundesrat muss laut Grundgesetz seine Beschlüsse mit der absoluten Mehrheit seiner 69 Stimmen fassen. Länder mit einer Koalitionsregierung müssen einheitlich abstimmen. Können sich die regierenden Parteien nicht einigen, müssen sie sich enthalten. Dies wirkt bei der Auszählung faktisch wie eine Nein-Stimme. Wegen der zunehmenden Anzahl von Ländern, in denen Union und FDP gemeinsam regieren, wird es für die große Koalition schwieriger, Gesetze im Bundesrat durchzusetzen.

Köhler deckt Schäuble den Rücken

Vor Peter Struck hatte Bundespräsident Horst Köhler sich Schäubles Forderung angeschlossen, Enhaltungen einzelner Länder im Bundesrat künftig nicht mehr wie Nein-Stimmen zu zählen. Im Interview mit der SZ sagte Köhler, er halte es für richtig, über den Abstimmungsmodus im Bundesrat nachzudenken."Wolfgang Schäuble hat recht: Enthaltungen sollten dort künftig nicht mehr wie Nein-Stimmen wirken", sagte er.

Die Opposition schlägt Alarm

Aus der Opposition wird noch immer Protest gegen Schäubles Vorschläge laut. Der hessische FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn hielt der großen Koalition vor, sie wolle sich "in den letzten Zügen noch eine Legitimation besorgen". Gegen demokratische Mehrheiten könne man sich nicht mit "Tricksereien" schützen, sagte Hahn der Frankfurter Rundschau. Hahn zeigte sich verwundert über die Position des Bundespräsidenten. "Ich werde ihn am 23. Mai aber trotzdem wählen", versicherte der FDP-Politiker.

In einer ersten Reaktion hatten die Grünen Schäuble indirekt zum Rücktritt aufgefordert. "Dieser Minister hat entweder die Demokratie nicht verstanden, oder er will sie abschaffen", sagte Fraktionschefin Renate Künast in Berlin. "In beiden Fällen ist er als Innenminister untragbar."

Auch Nordrhein-Westfalens Innenminister Ingo Wolf (FDP) hatte Schäubles Vorschlag heftig kritisiert: "Wir dürfen das Grundgesetz nicht nach Belieben passend machen", sagte Wolf. Für Gesetze brauche man Mehrheiten. Man dürfe nicht über Verfahrensregeln eine jahrzehntelange Praxis aushebeln. Die FDP werde das nicht mittragen.

Eine Verfassungsänderung braucht auch im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit - ohne die FDP ist diese derzeit nicht zu erreichen.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/akh/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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