Steuerpläne:Auch die Riesen sollen zahlen

Lesezeit: 2 min

Brüssel zielt vor allem auf die vier großen US-Konzerne. Sie sollen künftig drei Prozent vom Umsatz abführen.

Von Alexander Mühlauer

Pierre Moscovici ist peinlichst darum bemüht, bloß keinen falschen Eindruck zu erwecken. Nein, sagt der EU-Wirtschaftskommissar, dieser Vorschlag sei keine Antwort auf Trump. Und nein, es sei auch keine antiamerikanische Steuer. Schließlich gehe es nicht um Vergeltung, sondern um Fairness. Doch all diese Rechtfertigungen ändern nichts daran, dass die Lage nun mal so ist: Während EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström in Washington versucht, die drohenden US-Zölle noch irgendwie abzuwenden, präsentiert ihr Kollege eine neue Steuer, die vor allem US-Konzerne treffen würde. In Brüssel kursiert nicht ohne Grund das Bonmot der "Gafa-Steuer". Die vier Buchstaben stehen für Google, Apple, Facebook und Amazon. Auch wenn Moscovici es weit von sich weist, die vier sind der tatsächliche Grund für seinen Auftritt an diesem Mittwoch im Pressesaal der Kommission.

Die Digitalkonzerne sollen drei Prozent ihres Umsatzes abführen - zumindest vorerst

Es geht darum, ob die Politik es schafft, den Steuervermeidungspraktiken der mächtigsten Unternehmen der Welt Einhalt zu gebieten. Es geht darum, das Steuerrecht so zu gestalten, dass es mit der Digitalisierung mithalten kann. Und es geht am Ende auch darum, ob es gelingt, eine globale Regelung hinzubekommen, die den transatlantischen Konflikt nicht noch stärker anheizt. Die Debatte beim G-20-Treffen in Buenos Aires hat gezeigt, wie schwierig es ist, in Steuerfragen auch nur annähernd Einigkeit zu erzielen. Und weil das so ist, will Moscovici in der EU voranschreiten. Auch das wird nicht einfach, schließlich agieren so manche EU-Staaten als willfährige Helfer, die Steuerlast multinationaler Konzerne fast auf null zu drücken. Das prominenteste Beispiel ist Apple in Irland.

Das Kernproblem ist juristischer Natur. "Ein Staat kann ein Unternehmen nur besteuern, wenn es eine physische Präsenz hat, also Büros oder Fabriken", sagt Moscovici. Doch dem Geschäftsmodell von Suchmaschinen oder sozialen Netzwerken werde diese Regelung nicht gerecht. Es brauche eine rechtliche Definition, was eine digitale Präsenz ausmache. Solange es diese aber nicht gibt, schlägt die Kommission eine Abgabe von drei Prozent des Umsatzes vor. Betroffen wären Unternehmen, deren weltweiter Jahresumsatz mehr als 750 Millionen Euro beträgt, wovon mehr als 50 Millionen durch digitale Dienstleistungen in der EU erwirtschaftet werden.

Laut Moscovici zahlen grenzüberschreitend tätige Digitalfirmen in Europa bisher nicht einmal halb so viele Steuern wie herkömmliche Unternehmen - nämlich im Schnitt nur neun Prozent auf den Gewinn. In der Besteuerung des Umsatzes sieht die Kommission allerdings nur eine vorübergehende Lösung. Sie will vermeiden, dass EU-Staaten mit nationalen Regelungen vorpreschen und so den Binnenmarkt gefährden. Langfristig will Moscovici zur Gewinnbesteuerung zurückkehren - mit dem Konzept einer digitalen Betriebsstätte, bei dem man davon ausgeht, dass auch derjenige einen Standort im Land hat, der nur im Internet auftritt. Dann könnten die EU-Staaten die bei ihnen erwirtschafteten Gewinne besteuern, ohne dass die Unternehmen physisch anwesend sind.

Das Thema beschäftigt auch den EU-Gipfel an diesem Donnerstag. Entschieden wird aber nichts, denn in Steuerfragen müssen alle einig sein. Davon ist die EU weit entfernt.

© SZ vom 22.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: