Steuern:Schäuble tut wenig

Der Staat kriegt viel Geld und kündigt ein Reförmchen an.

Von Claus Hulverscheidt

Zeiten gab es, da gehörte das Bemühen um ein besseres Steuersystem zum Markenkern christdemokratischer Politik. Seit Wolfgang Schäuble das Amt des Bundesfinanzministers bekleidet, ist davon nichts mehr zu spüren: Seine Zwischenbilanz als Steuerpolitiker ist nach fünfeinhalb Jahren, freundlich formuliert, trostlos. Zwar gibt es dafür Gründe, die hohe Arbeitsbelastung durch die Euro-Krise etwa oder die Verweigerungshaltung der Länder bei Steuersenkungen. Den Verzicht auf jeglichen Gestaltungsanspruch aber rechtfertigt das alles nicht.

Es ist deshalb gut, dass Schäuble jetzt wenigstens das Problem der kalten Progression angeht. Denn hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich ein Missstand, den er schon viel zu lange hingenommen hat: Jedes Jahr steigt die Steuerbelastung der Bürger, obwohl ihre Kaufkraft oft unverändert bleibt und gelegentlich sogar sinkt. Das ist ein Nebeneffekt des an und für sich vernünftigen progressiven Steuertarifs, den niemand wollen kann.

Mit der kalten Progression ist es allerdings nicht getan. Vielmehr muss die Regierung endlich auch die übrigen strukturellen Fehler im System anpacken: die hohe Belastung mittlerer Einkommen etwa, die Bevorzugung von Kapital- gegenüber Arbeitseinkommen oder die Tatsache, dass mittlerweile schon Durchschnittsverdiener mit dem Spitzensteuersatz in Kontakt kommen. Ob Schäuble dafür der Richtige ist, kann man bezweifeln.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: