Sterbehilfe:Kusch hilft weiterer Frau beim Suizid

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Der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch hat offenbar erneut einer Frau geholfen, sich selbst das Leben zu nehmen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Der umstrittene Sterbehelfer Roger Kusch hat nach eigenen Angaben erneut eine alte Frau in den Freitod begleitet. Die 84-jährige Rentnerin sei am Dienstag in ihrer Wohnung in Hamburg in seiner Gegenwart "eigenverantwortlich" aus dem Leben geschieden, teilte der umstrittene Ex-CDU-Politiker mit.

Umstrittener Sterbehelfer: Roger Kusch (Foto: Foto: AP)

Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat nach Auskunft von Sprecher Wilhelm Möllers Vorermittlungen eingeleitet: "Es gibt ein Todesermittlungsverfahren." Rechtsmediziner sollen die Leiche obduzieren.

Die 84-Jährige hat sich nach Angaben Kuschs im Mai zum ersten Mal an ihn gewandt. Vor dem Freitod habe sie einen Schlaganfall erlitten. Um den freien Willen der Frau für einen "begleiteten Suizid" zu demonstrieren, ist auf Kuschs Homepage ein auf Video aufgezeichnetes Interview mit der Frau zu sehen.

Keine Angaben zur Todesursache

Bei den beiden Gesprächen, die Kusch zufolge im September auf Video aufgezeichnet wurden, wirkt die Frau rege und energisch. Sie betont aber, dass sie selbst bestimmen wolle, wann sie sterbe. Nach einem Schlaganfall im August fühle sie sich "wirklich uralt". Seit 1994 lebte sie den Angaben zufolge in einem Altenwohnheim in Hamburg.

Wie die Frau sich das Leben nahm, geht aus Kuschs Mitteilung nicht hervor. Auch die Staatsanwaltschaft wollte dazu keine Angaben machen. Kusch selbst war zunächst nicht zu erreichen. Ein Termin für die Obduktion stand laut Staatsanwaltschaft am Mittwoch noch nicht fest.

In dem von Kusch veröffentlichten Lebenslauf der 84-Jährigen heißt es, sie habe sich im April mit einem Brief an den früheren Politiker gewandt. Seit Mai habe es dann "mehrere persönliche Begegnungen" gegeben. Ihr zweiter Ehemann habe sich 1988 wegen eines Krebsleidens das Leben genommen.

Ende Juni hatte Kusch eine 79-Jährige in Würzburg begleitet, die sich mit einem tödlichen Medikamentenmix das Leben nahm. Die Staatsanwaltschaft Würzburg hatte Ermittlungen zu den Umständen des Todes aufgenommen.

Kusch war von 2001 bis 2006 Justizsenator in Hamburg. Bereits während seiner Amtszeit war der damalige CDU-Politiker umstritten. Nach seinem Austritt aus der Union trat er bei der Bürgerschaftswahl 2008 erfolglos mit einer eigenen Partei an, die die Legalisierung der aktiven Sterbehilfe forderte.

"Menschenverachtendes Treiben"

Im September 2007 gründete er den "Dr. Roger Kusch Sterbehilfe e.V.". Im März stellte er einen von ihm entwickelten Selbsttötungsautomaten vor.

"Die Politik ist aufgefordert, dem menschenverachtenden Treiben von Herrn Kusch endlich ein Ende zu setzen", sagte der Vorstand der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch. "Zurzeit führt Herr Kusch die Politik an einem Nasenring durch die Manege." Die "geschäftsmäßige Suizidbeihilfe" müsse endlich unter Strafe gestellt werden, forderte Brysch.

Der Bundesrat hatte sich im Juli nicht auf eine Strafrechtsvorschrift gegen organisierte Sterbehilfe einigen können. Eine Initiative für einen neuen Straftatbestand gegen die Gründung von Vereinen, die Unterstützung bei einer Selbsttötung versprechen, war auf die Zeit nach der Sommerpause vertagt worden.

© dpa/AP/gal/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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