Sexualstrafrecht:Nein zum "Nein heißt Nein"

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Anders als erwartet will die Opposition das verschärfte Sexualstrafrecht nicht mittragen. Grüne und Linke wollen sich enthalten.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Am Donnerstag will der Bundestag das Sexualstrafrecht verschärfen. Anders als erwartet wird die Opposition das Vorhaben nicht unterstützen. Bei den Grünen, die seit Jahren eine Reform fordern, gibt es verfassungsrechtliche Bedenken. Wie die Linkspartei wollen sie sich bei der Endabstimmung im Bundestag enthalten. "Es ist bitter. Jetzt kommt endlich die überfällige Regelung des "Nein heißt Nein", und wir Grüne müssen uns zum Gesetzentwurf enthalten, weil er zusätzlich verfassungswidrige Paragrafen im Strafrecht einführt", sagte die grüne Rechtspolitikerin Renate Künast der Süddeutschen Zeitung. Die lang ersehnte Abstimmung sei ein "Feiertag mit einem Wermutstropfen".

Die Koalition will den Grundsatz "Nein heißt Nein" ins Strafgesetzbuch aufnehmen. Anders als bisher macht sich dann nicht nur strafbar, wer sexuelle Handlungen mit Gewalt oder Drohung erzwingt. Als Vergewaltiger kann dann auch gelten, wer sich über den "erkennbaren Willen" des Opfers hinwegsetzt. Erstmals strafbar werden dann auch sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe "aus der Gruppe".

Letzteres war Wunsch der Union und zielt auf die Kölner Silvesternacht, als Frauen umringt und sexuell belästigt wurden. Die Union will dafür einen eigenen Straftatbestand und knüpfte ihr Ja zum "Nein heißt Nein" ans Ja der SPD zum neuen Gruppenparagrafen. Jedem, der sich "an einer Personengruppe beteiligt, die eine andere Person zur Begehung einer Straftat an ihr bedrängt", droht laut Entwurf nun eine Freiheits- oder Geldstrafe. Für sexuelle Übergriffe kann auch bestraft werden, wer ohne diesen Vorsatz zur Gruppe gehört.

Nach der SPD melden die Grünen hier Bedenken an. "Wer selber keine Sexualstraftat begeht, kann und darf nicht wegen einer Sexualstraftat verurteilt werden. Das widerspricht dem Schuldprinzip, auf dem unser gesamtes Strafrecht aufbaut", sagte die Grünen-Politikerin Künast. Die Grünen stimmen nur "Nein heißt Nein" zu, dem gesamten Gesetz nicht - wie die Linke. Sie kritisiert, dass die Union den Grundsatz "Nein heißt Nein" ins Aufenthaltsrecht implementieren ließ. Bisher konnte eine Verurteilung wegen schwerer Straftaten ein Abschiebungsgrund sein. Die Koalition will diese Schwelle nun senken. Auch ein Verstoß gegen "Nein heißt Nein" soll im Aufenthaltsrecht relevant werden. Hier sei "jegliches Maß verloren gegangen", schrieb die Linken-Abgeordnete Halina Wawzyniak.

© SZ vom 07.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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