Senkung der Rentenbeiträge:Aus Entlastung wird Mehrbelastung

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Mehr Geld durch die Senkung der Rentenbeiträge? Von Wegen! Für viele Bürger könnten die Sozialabgaben durch die Reform sogar noch steigen. Betroffen sind vor allem im Westen lebende Besserverdiener.

Guido Bohsem, Berlin

Die von der Regierung geplante Senkung der Rentenbeiträge wird nicht allen Arbeitnehmern die erhoffte Entlastung bringen. Im Gegenteil, für viele Beschäftigte dürften die Sozialabgaben im kommenden Jahr sogar steigen. Betroffen sind vor allem im Westen lebende Besserverdiener.

Statt mehr Geld werden die Singles unter ihnen pro Jahr mit etwa 67 Euro zusätzlich belastet. Wer verheiratet ist und zwei Kinder hat, muss im schlechtesten Fall sogar mit zusätzlichen Abgaben von etwa 96 Euro rechnen. Das haben Berechnungen des Berliner Steuerprofessors Frank Hechtner ergeben.

Der Grund für diese verblüffende Entwicklung steckt in einer Vorlage des Arbeitsministeriums von Ursula von der Leyen (CDU), die von der Bundesregierung Mitte Oktober verabschiedet werden soll und den sperrigen Namen "Sozialversicherungsrechengrößenverordnung" trägt. In dem Papier legt die Regierung fest, in welchem Umfang die Summen steigen, bis zu denen man Beiträge für die Rente, die Kranken- oder die Pflegekasse zu zahlen hat.

Je stärker diese Obergrenzen steigen, desto stärker werden Arbeitnehmer belastet, deren Einkommen darüber liegt. Grundlage für die Berechnung der Grenzen ist die Entwicklung der Löhne. Weil diese aber in den vergangenen Monaten zum Teil deutlich gestiegen sind, steigen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung auch die Beitragsgrenzen deutlich.

Musste man bislang bis zu einem monatlichen Brutto von 3825 Euro Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung zahlen, wird diese Abgabe im kommenden Jahr bis zu einem Betrag von 3937,50 Euro fällig. Noch deutlicher stiegen die Grenzen für die Renten- und die Arbeitslosenversicherung. Hier sind künftig Abgaben auf zusätzliche 200 Euro des Einkommens fällig, denn die Bemessungsgrenze steigt auf 5800 Euro (im Osten von 4800 auf 4900 Euro).

"Weil die höheren Beitragsbemessungsgrenzen die Rentensenkung auffressen, ergibt sich für einen westdeutschen Single mit einem Einkommen von 5800 Euro brutto ein Nachteil von 5,61 Euro im Monat", sagte Hechtner. Wer verheiratet ist und zwei Kinder hat, habe beim selben Verdienst sogar ein monatliches Minus von 7,99 Euro zu verbuchen. Für ostdeutsche Singles mit einem Einkommen von mehr als 4900 Euro gibt es übrigens keine Einbußen. Sie haben allerdings auch nicht mehr Geld in der Tasche. Denn nach Hechtners Berechnungen gleichen sich die Effekte der Beitragssenkung und die höhere Bemessungsgrundlage aus.

Von der Leyen hatte die Beitragssenkung ursprünglich zusammen mit ihrem Plan zur Einführung einer Zuschussrente auf den Weg bringen wollen. Dies hatte jedoch die FDP verhindert. Über die Zuschussrente ist in der Folge ein heftiger Streit entbrannt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) stoppte schließlich ihre Ministerin.

© SZ vom 08.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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