Schwarz-gelbe Koalition:Unehrlichkeit unter Partnern

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Die CDU gerät zunehmend unter Druck ihrer kleinen Koalitionspartner: CSU-Chef Seehofer will sich wegen Kritik an Griechenland den Mund nicht verbieten lassen. Aus seiner Partei ist zu hören, in der Koalition werde nicht mehr ehrlich zusammengearbeitet. Die FDP fühlt sich und ihren Wirtschaftsminister Rösler von der Union klein gehalten. Der große Partner zahlt die Kritik mit Misstrauen zurück.

Stefan Braun

Die aggressiven Töne in der Koalition sind am Wochenende einer gewissen Erschöpfung gewichen. Trotzdem haben vor allem die Protestrufe aus Bayern den Mitgliedern des Berliner Regierungsbündnisses zugesetzt.

Dreieck des Misstrauens: Die drei Spitzenpolitiker Rösler (FDP), Seehofer CSU) und Merkel (CDU). (Foto: dpa)

Dass mit Horst Seehofer ein Parteichef derart aggressiv gegen Partner wettert, ist ziemlich einmalig. Er lasse sich nicht den Mund verbieten in der Debatte über die Euro-Krise, gab Seehofer Ende der Woche zu Protokoll. Er werde "ganz allergisch" bei Versuchen, Kritiker des Regierungskurses als Euro-Skeptiker abzukanzeln. Seit zwei Jahren regieren Union und FDP mehr schlecht als recht zusammen. Solche Vorwürfe gegen die Partner aber hat es noch nicht gegeben.

Koalitionspartner trauen sich nicht mehr über den Weg

Nun wirkt sich aus, was für Koalitionspartner ein Gift ist: Misstrauen. In Berlin regiert ein Bündnis, in dem sich die Beteiligten ausgerechnet beim wichtigsten Thema Euro-Rettung kaum mehr über den Weg trauen. Offiziell wird das so nicht ausgesprochen. In Hintergrundrunden aber ist es mit Händen zu greifen.

Vor allem aus Münchner CSU-Parteikreisen ist der Vorwurf zu hören, in der Koalition werde nicht mehr ehrlich zusammengearbeitet. Es gebe Gespräche, aber über die unterschiedlichen Wege zur Rettung des Euro werde nicht einmal hinter verschlossenen Türen offen miteinander geredet. Das, so der Vorwurf, gelte besonders für die Debatte über Griechenlands Zukunft. Selbst unter Koalitionspartnern würden nicht alle Szenarien diskutiert. Die Konsequenz, so führende CSU-Politiker aus Partei und Landesregierung: Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble könnten behaupten, dass nur eine Lösung - und zwar ihre - vernünftig sei und deshalb verfolgt werden müsse.

Für die FDP spielen Merkel und Schäuble ebenfalls eine negative Rolle. Bei vielen Liberalen hat sich der Gedanke festgesetzt, Merkel wolle die FDP in der gemeinsamen Koalition klein halten. Und Schäuble halten sie eh für den schärfsten Gegner der Freidemokraten. Er sei es, der Philipp Rösler als Wirtschaftsminister nicht zur Geltung kommen lasse. Schlimmer noch: Er sei es auch, der die FDP-Steuerwünsche torpediert habe.

FDP versuchte mit Griechenland-Kritik Punkte zu machen

Und die CDU? Beim größten Koalitionspartner trifft man nicht wenige, die Verständnis dafür haben, den anderen Partnern Gedanken und Szenarien vorzuenthalten - aus Furcht, dass diese Szenarien in den Medien landen könnten. Je lauter die Töne aus der CSU, desto größer die Zweifel in der CDU, wie vertraulich man noch miteinander arbeiten könnte. Misstrauisch bleiben viele CDU-Politiker auch gegenüber der FDP. Deren Versuch, bei der Berlin-Wahl mit Griechenland-kritischen Tönen Punkte zu machen, hat Ängste geweckt, die nur durch das katastrophale FDP-Ergebnis gedämpft wurden.

Einer immerhin hat am Sonntag Friedenssignale gesendet. FDP-Chef Rösler sagte, er kämpfe für die Koalition und werde sich im Falle eines Euro-kritischen Mitgliederentscheids massiv zur Wehr setzen. Dieser wird immer wahrscheinlicher: Der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler verkündete, die nötigen 3232 Unterschriften habe er fast zusammen.

© SZ vom 26.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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