Schottland:Nicht schon wieder

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Die schottischen Nationalisten büßen deutlich Mandate ein. Dafür gibt es einen Grund: Die Schotten wollen kein neues Unabhängigkeitsreferendum.

Von Björn Finke

Enttäuscht: die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon. (Foto: dpa)

Nicola Sturgeon gab sich redlich Mühe, aus schlechten Zahlen Positives herauszulesen. "Es ist das zweitbeste Ergebnis, das wir je bei einer Wahl zum britischen Parlament erzielt haben", sagte die Chefin der SNP, der Partei der schottischen Nationalisten. Und fügte dann doch hinzu: "Ja, natürlich sind wir enttäuscht." Die SNP und Sturgeon, die auch die schottische Regionalregierung führt, sind neben den Konservativen die großen Verlierer dieser Abstimmung. Ein enormer Rückschlag ist das für Sturgeons Plan, bald ein neues Unabhängigkeitsreferendum abzuhalten.

Die Nationalisten treten nur in Schottland an. In der Vergangenheit lag die Zahl ihrer Mandate immer im einstelligen Bereich. Aber bei den Wahlen 2015 gewannen sie sensationell 56 der 59 Sitze. Ins neue Parlament wird die Scottish National Party lediglich 35 Politiker schicken. Es ist immer noch klar die Mehrheit der schottischen Sitze. Aber das ist nur ein schwacher Trost für die Partei. Selbst bekannte Leute wie der ehemalige SNP-Vorsitzende Alex Salmond verloren ihre Mandate. Stimmten vor zwei Jahren 50 Prozent der Schotten für die Partei, sind es jetzt bloß 37 Prozent.

Den Absturz haben sich die SNP und Sturgeon zum großen Teil selbst zuzuschreiben. Ihre Forderung nach einem zweiten Unabhängigkeitsreferendum schreckte offenbar viele Wähler ab. Jene referendumsmüden Schotten gaben dann lieber den drei Parteien ihre Stimme, die eine Volksabstimmung ablehnen: Die Tories gewannen zwölf Sitze hinzu, Labour sechs, die Liberaldemokraten drei. John Swinney, Sturgeons Stellvertreter an der Spitze der Regionalregierung, räumte ein, dass die Aussicht auf ein neues Referendum "ein bedeutender Faktor" für die Verluste gewesen sei.

Die Ministerpräsidentin würde gern in der EU bleiben. Aber wollen das auch die Schotten?

Erst vor drei Jahren sprachen sich 55 Prozent der Schotten in einer Volksabstimmung gegen die Unabhängigkeit aus. Allerdings stimmte beim EU-Referendum im vergangenen Juni die große Mehrheit der Schotten für den Verbleib in der Europäischen Union. Sturgeon möchte daher noch einmal über die Unabhängigkeit abstimmen lassen. Ihr Argument: Als Teil des Königreichs würde Schottland gegen den Willen der Bürger aus der EU gezerrt. Ein unabhängiger Staat könnte der EU dann rasch wieder beitreten. Ursprünglich wollte die Politikerin das Referendum bereits in den kommenden zwei Jahren ansetzen. Zuletzt zeigte sich Sturgeon aber flexibler.

Klare Gewinnerin in Schottland ist Ruth Davidson, die Chefin von Schottlands Konservativen. Dass die Tories jetzt 13 Abgeordnete von dort nach Westminster schicken, ist das beste Ergebnis seit 1983. "Indyref2 ist tot", sagte die beliebte Davidson, wobei Indyref für Independence Referendum, also Unabhängigkeitsabstimmung, steht. Die Politikerin erregte schon im Juni 2016 über Schottlands Grenzen hinweg Aufsehen. Da legte die Brexit-Gegnerin einen glänzenden Auftritt bei einer Fernseh-Debatte vor dem EU-Referendum hin. Der 38-Jährigen wird eine große Zukunft bei den Konservativen prophezeit.

© SZ vom 10.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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