Sachsen:Ein lauter Knall

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Immer wieder gibt es in Freital Proteste gegen Flüchtlinge. Jetzt ging das Auto eines Stadtrates, der sich für Asylbewerber einsetzt, in Flammen auf. (Foto: Oliver Killig/dpa)

Vermutlich ein Sprengsatz hat das Auto eines Linken-Stadtrats im sächsischen Freital zerstört. Dieser sieht Rechtsextremisten hinter dem mutmaßlichen Anschlag - und will sich nicht einschüchtern lassen.

Von Cornelius Pollmer, Dresden

Bei einem mutmaßlichen Sprengstoffanschlag im sächsischen Freital hat es am Auto eines Politikers der Linken Totalschaden gegeben, verletzt wurde dabei niemand. Wie Michael Richter, der Fraktionsvorsitzende der Linken im Freitaler Stadtrat, berichtete, habe er in der Nacht zum Montag gegen 0:45 Uhr einen Knall vor seinem Haus gehört und sodann eine schwarze Rauchwolke über seinem Wagen gesehen. Die Polizei beschlagnahmte das Auto für eine kriminaltechnische Untersuchung. Sie ermittelt in alle Richtungen. Richter und seine Partei gehen von einem Angriff durch Rechtsextreme aus.

Der Stadtrat aus Freital setzt sich für Flüchtlinge ein

Einem Sprecher der örtlichen Geschäftsstelle der Linken zufolge wird bereits seit Wochen gegen Richter gehetzt, auch Morddrohungen habe es gegeben. Der Politiker setzt sich in Freital für Flüchtlinge ein, er ist zudem eines der Gesichter der Organisation für Weltoffenheit und Toleranz Freital und Umgebung. In der Stadt bei Dresden hatte es in den vergangenen Wochen immer wieder Proteste gegen das Flüchtlingsheim im Ort gegeben, während einer Bürgerversammlung kam es zu Tumulten, ein anderes Mal wurden Demonstranten von Rechtsextremen angegriffen.

Richter selbst reagierte auf den mutmaßlichen Anschlag mit Galgenhumor und Entschlossenheit. In einer Mitteilung bat er um Nachsicht, nicht alle Anfragen persönlich beantworten zu können, "wie Sie sicherlich gehört haben, brauche ich ja ein neues Auto". Richter sagte, er habe schon als Oberbürgermeisterkandidat der Linken in Freital "starke Ablehnung und Hass zu spüren bekommen". Die aufgeheizte Stimmung in Freital versetze viele in Angst, die sich für die Belange von Geflüchteten engagierten. Er werde sich aber auch durch den Anschlag nicht einschüchtern lassen, sagte Richter: "Wir können die Straße, wir können die Meinungsführerschaft nicht denen überlassen, die offen Hass gegen Menschen propagieren. Und vor allem können wir die Geflüchteten nicht mit Leuten allein lassen, die ihre körperliche Unversehrtheit bedrohen."

Rico Gebhardt, Fraktionschef der Linken im Landtag, sagte, das Rassismusproblem in Sachsen sei längst zu einem Sicherheitsproblem geworden. Dirk Panter, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion sagte, ein Angriff wie der auf Richter treffe alle - die Gesellschaft, den Rechtsstaat. Sollte sich bewahrheiten, dass es sich dabei um einen gezielten Sprengstoffanschlag gehandelt habe, dann müsse man klar sagen: "Wir haben es hier mit Nazis und Terroristen zu tun."

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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