Russland:Alte Bekannte

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Ron Sommer sitzt im Verwaltungsrat von Sistema. (Foto: dpa)

Schröder, Sommer, Warnig: Welche Rolle Ausländer an der Spitze russischer Konzerne spielen.

Von Julian Hans, Moskau

Wenn Gerhard Schröder Ende des Monats wie erwartet zum Vorsitzenden des Verwaltungsrats von Rosneft gewählt wird, dann kommt es ganz nebenbei zu einer skurrilen Konstellation: Der staatlich kontrollierte Ölriese ist nämlich gerade dabei, mit eifriger Hilfe der russischen Justiz den Mischkonzern AFK Sistema in den Ruin zu treiben. Ein Gericht in Ufa sprach Rosneft vor einer Woche eine Schadenersatzzahlung von umgerechnet zwei Milliarden Euro zu. Sistema hat schon gewarnt, möglicherweise nicht mehr alle Verbindlichkeiten bedienen zu können, sollte das Urteil in Kraft treten.

Im Verwaltungsrat von Sistema sitzt ein alter Bekannter von Schröder: Ron Sommer, zu Zeiten von Schröders Kanzlerschaft Chef der Deutschen Telekom. Bei Sistema engagiert er sich unter anderem im Komitee für Finanzen und Risiken. Dem Konzern gehört neben der Warenhauskette "Kinderwelt" auch der Mobilfunkanbieter MTS, derzeit Marktführer in Russland. Bei MTS hat Ron Sommer den Vorsitz des Verwaltungsrats inne.

Board-Mitglieder mit ausländischen Pässen sind in russischen Konzernen keine Ausnahme, damit versucht Schröder sein Engagement herunterzuspielen. Diese Praxis soll Vertrauen bei internationalen Investoren schaffen. Große Anteilseigner entsenden ihre eigenen Leute in den Verwaltungsrat. Das Board of Directors nach anglo-amerikanischem Vorbild hat anders als der Aufsichtsrat in Deutschland auch Einfluss auf das operative Geschäft, ist also eine Mischform aus Vorstand und Aufsichtsrat. Für Vertreter der Arbeitnehmer ist dort indes kein Platz. Ein sogenannter unabhängiger Direktor, wie Schröder einer werden soll, ist formell an keinen Anteilseigner gebunden.

Der Stasi-Veteran und der Altkanzler - ein eingespieltes Team im Engagement für Putin

Mit der Einbindung von Ausländern stellt sich aber auch die Frage, inwiefern diese Entscheidungen mittragen, wenn ein Konzern politisch instrumentalisiert wird. So sitzen unter anderem ein Niederländer, ein Koreaner und ein Australier im Board von mail.ru. Der Telekommunikationskonzern gehört zum Imperium des Putin-treuen Milliardärs Alischer Usmanow und spielte eine große Rolle dabei, das Internet in Russland zu zähmen.

Bei Konzernen, an denen der Staat die Mehrheit hält, sitzen neben Vertretern der Regierung oder des Kremls oft zusätzlich Personen mit Verbindung zum Geheimdienst. Im Vorstand von Gazprom sitzt zum Beispiel Dmitrij Patruschew, ein Mann, auf den Wladimir Putin sich verlassen kann, sein Vater ist ehemaliger Geheimdienstchef und heute Chef des russischen Sicherheitsrates, des engsten Zirkels, in dem Putin Entscheidungen fällt.

Bei Rosneft sind es gleich zwei Männer mit Geheimdienst-Vergangenheit: Konzernchef Igor Setschin selbst, der zu Zeiten der Sowjetunion für den KGB im Auslandseinsatz war und seit gemeinsamen Tagen im Rathaus von Sankt Petersburg nicht mehr von Putins Seite weicht. Und Matthias Warnig, in der DDR hauptamtlich für die Stasi tätig. In dieser Rolle hat er in Dresden den KGB-Kollegen Wladimir Putin kennengelernt. Seitdem hält Putin große Stücke auf ihn. Warnig saß im Aufsichtsrat der Bank Rossija, die von den USA als Putins Geldschatulle bezeichnet und mit Sanktionen belegt wurde. Warnig war Geschäftsführer bei Nord Stream und hat diese Funktion auch bei Nord Stream 2 wieder inne. Der Stasi-Veteran und der Altkanzler sind im Engagement für Putin sozusagen ein eingespieltes Team.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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