Rumänien:Staatskrise abgewendet

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Präsident Iohannis ernennt den ehemaligen Telekom-Minister Grindeanu zum neuen Regierungschef. Die erste Kandidatin hatte er ohne Begründung abgelehnt - sie unterstützte aber wohl zu sehr Syriens Präsident Assad.

Knapp drei Wochen nach der Parlamentswahl in Rumänien ist der Weg zur Regierungsbildung frei: Staatspräsident Klaus Iohannis hat den Sozialdemokraten Sorin Grindeanu (43) als neuen Ministerpräsidenten designiert, wie das Präsidialamt am Freitag in Bukarest mitteilte. Der ehemalige Telekom-Minister will eine Koalitionsregierung aus der Sozialdemokratischen Partei (PSD) und der kleinen liberalen Partei Alde bilden. Mit der Ernennung Grindeanus folgte Iohannis einem Vorschlag von PSD und Alde. Ursprünglich hatten die Sozialdemokraten die Verwaltungsexpertin Sevil Shhaideh als Ministerpräsidentin vorgesehen. Iohannis hatte die Politikerin ohne Angabe von Gründen abgelehnt.

PSD-Chef Liviu Dragnea drohte daraufhin mit einem Verfahren zur Amtsenthebung von Iohannis. Am Mittwoch einigte sich dann jedoch der PSD-Vorstand darauf, Grindeanu vorzuschlagen. Mit seiner Ernennung wandte Iohannis eine drohende Staatskrise ab, da der Präsident in Rumänien den Vorschlag einer mehrheitsfähigen Parteienkoalition im Prinzip nur einmal ablehnen kann.

Der Informatiker Grindeanu war zuletzt Chef der Verwaltung im westrumänischen Kreis Timis. Beobachter halten ihm zugute, dass er nicht in korrupte Machenschaften verstrickt ist. PSD-Chef Dragnea etwa kann derzeit selbst nicht Regierungschef werden, weil er wegen Wahlmanipulationen vorbestraft ist. In Bukarest wurde gemutmaßt, Dragnea habe mit Shhaideh eine Platzhalterin installieren wollen. Die hat als Verwaltungsfachfrau zwar einen guten Ruf, in der politischen Szene aber nur wenig Rückhalt.

Für Iohannis dürften aber andere Gründe ausschlaggebend gewesen sein, um Shhaideh abzulehnen, die der tatarischen Minderheit in Rumänien entstammt und sich zum Islam bekennt. Shhaidehs Ehemann, ein syrisch-rumänischer Doppelstaatsbürger, hatte jahrzehntelang im syrischen Landwirtschaftsministerium gearbeitet. Shhaideh gab sich als glühende Anhängerin des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Iohannis und das rumänische Sicherheits-Establishment nehmen die Mitgliedschaft Rumäniens im Nato-Bündnis sehr ernst - das Assad-Regime als Verbündeter Russlands und Irans gilt ihnen als Gegner.

© SZ vom 31.12.2016 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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