Rumänien:Prekärer Premier

Regierungschef Ponta bleibt im Amt, obwohl ihn die Staatsanwaltschaft anklagt - ein schlechtes Zeichen für sein Land.

Von Florian Hassel

Die Mühlen der Justiz mahlen oft langsam. Im Fall des nun wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Geldwäsche angeklagten rumänischen Premiers Victor Ponta aber mahlen sie vergleichsweise schnell. Im Juni begann die rumänische Anti-Korruptions-Behörde mit Ermittlungen, weil Ponta vor seiner Zeit als Regierungschef als Anwalt Zehntausende Euro für Arbeiten bekommen haben soll, die er nie ausgeführt hat. Beteiligt waren Manager staatlicher Energiefirmen und ein anderer Anwalt, den Ponta später als Regierungschef zum Minister ernannte.

Jetzt haben die Staatsanwälte Ponta vor dem obersten Gericht angeklagt. Der Premier bestreitet jede Schuld. Da viele Anklagepunkte aus seiner Zeit als Anwalt stammen, greift hier keine Immunität vor Strafverfolgung. Trotz der Anklage, trotz vorheriger Ankündigungen, er werde im Fall offizieller Vorwürfe der Justiz zurücktreten, will sich Ponta nun bis zur Wahl Ende 2016 an sein Amt klammern.

Es ist zu hoffen, dass es nicht so kommt und dass ein Prozess schnell Klarheit bringt. Rumänien macht keine gute Figur mit einem angeklagten Regierungschef. Auch Europa bekleckert sich nicht mit Ruhm. Denn es schweigt bislang dazu, dass ein förmlich angeklagter Premier eines EU-Landes sich weigert, ein Mindestmaß an demokratischen Standards einzuhalten und bis zur Klärung aller Vorwürfe sein Amt ruhen zu lassen.

© SZ vom 18.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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