Rumänien:Ein schwacher Abgang

Der Rücktritt des Premiers bringt noch keinen Neuanfang.

Von Florian Hassel

Endlich. Es ist eine gute Nachricht für Rumänien und Europa, dass der rumänische Premier Victor Ponta zurückgetreten ist. Schließlich war Ponta der erste amtierende Regierungschef der EU, gegen den schwere Vorwürfe vor Gericht erhoben wurden - von Geldwäsche bis zu Dokumentenfälschung - und der dennoch nicht zurücktrat. Selbst nach der tödlichen Tragödie am vergangenen Freitag im Musikklub Colectiv in Bukarest und den folgenden Demonstrationen wollte der umstrittene Ministerpräsident den Protest aussitzen. Er ist auch jetzt offenbar nicht freiwillig gegangen, sondern von seiner Sozialdemokratischen Partei gestürzt worden.

Die Partei, die den Kommunisten nachfolgte, ist legendär korrupt. Sie wird vor einer womöglich vorgezogenen, sonst Ende 2016 folgenden Neuwahl versuchen, die Wähler zu kaufen, um sich an der Macht zu halten. Ende Oktober kündigte die Partei bereits an, sie wolle Steuern senken und die Gehälter von Beamten und Staatsangestellten erhöhen.

Vielen Rumänen, die in einem der ärmsten Länder Europas leben, sind solche Wohltaten wichtiger als etwa ein Kampf gegen Korruption. Zudem sind die Sozialdemokraten in den Regionen stark vertreten. Auch ihre Kontrolle über das Fernsehen ist umfassend. Einen Neuanfang für Rumänien bedeutet der Abgang des korruptionsverdächtigen Premierministers also noch lange nicht.

© SZ vom 05.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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