Roaming:Handy-Nutzung im Ausland wird billiger

Lesezeit: 2 min

Die EU schafft die teuren Extra-Gebühren für Mobil-Telefonate und Internet ab. Die Entscheidung ist ein Kompromiss nach jahrelangen Verhandlungen - es bleiben jedoch einige Ausnahmen bestehen.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Nach jahrelangen Verhandlungen werden die Extra-Gebühren für Handy-Telefonate und mobile Internet-Nutzung im europäischen Ausland abgeschafft. Von 15. Juni 2017 an dürfen die Mobilfunk-Anbieter zum großen Teil keine Zuschläge mehr verlangen. Die Nutzer sollen EU-weit dieselben Preise für Anrufe, SMS und Mobilfunkdaten bezahlen. Auf der Rechnung wird nicht mehr zwischen Telefonaten zu Hause oder in einem anderen Land der Europäischen Union unterschieden. Darauf einigten sich die Abgeordneten des Europaparlaments am Dienstag in Straßburg. Sie billigten damit einen Kompromiss mit den EU-Mitgliedsländern, die sich für eine längere Übergangsfrist ausgesprochen hatten. Ursprünglich wollte die EU-Kommission ein Verbot der sogenannten Roaming-Gebühren bereits Ende dieses Jahres durchsetzen. Doch mit diesem Vorhaben ist die Brüsseler Behörde am Widerstand mehrerer EU-Mitgliedsstaaten gescheitert. Zunächst werden die Roaming-Gebühren von 30. April 2016 an erneut sinken. Der Tarifaufschlag soll dann höchstens fünf Cent pro Minute für Anrufe, zwei Cent pro SMS und fünf Cent je Megabyte Datenvolumen betragen - allerdings ohne Mehrwertsteuer.

Grenzenloses Telefonieren und Surfen wird es aber auch künftig nicht geben. Wer sich eine Sim-Karte im günstigeren Ausland kauft, kann diese daheim nicht unbegrenzt nutzen. Anbieter dürfen beim Erreichen bestimmter Mengen an Anrufen, SMS oder Daten Aufschläge erheben. Wie hoch diese Gebühren ausfallen werden, ist noch unklar, sie sollen aber deutlich unter den derzeitigen Obergrenzen liegen. Die EU-Kommission soll die Details ausarbeiten.

Der Roaming-Beschluss ist Teil einer Verordnung für den einheitlichen Telekommunikationsmarkt in der EU. Mit dieser Vereinbarung wird auch erstmals die Netzneutralität im EU-Recht verankert, also der Grundsatz der Gleichbehandlung des gesamten Datenverkehrs im Internet. Anbieter müssen demnach alle Datenpakete gleichberechtigt durch ihre Leitungen schicken, egal woher sie stammen oder welchen Inhalt sie haben. Da die Datenmenge stetig wächst, steigt auch die Gefahr von Staus im Netz. Dem Beschluss zufolge soll sich niemand eine bevorzugte Datengeschwindigkeit kaufen dürfen.

Kritiker befürchten allerdings, dass die Verordnung das Prinzip der Netzneutralität praktisch aushebelt. So haben Unternehmen die Möglichkeit, sogenannte Spezialdienste wie Telemedizin oder Fernsehen im Internet gegen Bezahlung anzubieten, solange diese andere Datennutzungen nicht verdrängen. Sie dürfen nur angeboten werden, wenn es genügend Kapazität im Netz gibt. Allerdings können diese bezahlten Dienste privilegiert behandelt werden. Diese Ausnahme von der Daten-Gleichbehandlung soll dafür sorgen, dass etwa beim Video-Streaming das Bild nicht ruckelt oder bei einer Telemedizin-Anwendung das Bild während einer Operation nicht unscharf wird, nur weil gerade nicht genügend Bandbreite zur Verfügung steht.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: