Rheinland-Pfalz:Plötzlich Freunde

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SPD, FDP und Grüne haben es nun wahrlich nicht darauf angelegt, zusammen zu regieren. Aber es blieb ihnen nichts anderes übrig. Und nun legen sie einen überraschend harmonischen und freundlichen Start hin.

Von Susanne Höll

Sozialdemokraten, Grüne und Liberale zeigten sich am Freitag in Mainz äußerst angetan - von sich selbst und den jeweiligen anderen. Kein Wunder: In gut drei Wochen und ungewöhnlich lautlos haben sie sich auf einen Regierungsvertrag verständigt, was angesichts früherer Rivalitäten zwischen Grünen und FDP kaum vorstellbar zu sein schien. Das Projekt Ampel freilich kam nicht aus freiem Willen zustande - der Erfolg der AfD bei der Landtagswahl am 13. März machte nur entweder dieses Bündnis oder eine große Koalition möglich.

Für die drei Parteien ist die Ampel eine großartige Sache. Die SPD hat so mehr Ministerposten und politisches Gewicht als in einem Bündnis mit der CDU. Die Grünen wiederum, die bei der Wahl fast aus dem Parlament gestolpert wären, dürfen hoffen, ihr Ansehen in einer neuen Landesregierung aufzupolieren. Und für die FDP geht ein Traum in Erfüllung: Sie ist in Rheinland-Pfalz nicht nur ins Parlament zurückgekehrt, sondern sie geht direkt ins Kabinett, stellt in Person des Wirtschaftsministers auch den Vize-Regierungschef und kann nun von sich behaupten, die Renaissance der Liberalen voranzutreiben.

Doch Koalitionen werden nicht an der Glückseligkeit der jeweiligen Partner gemessen. Die Frage, auf die es ankommt, ist, ob sie gut sind für das Land und dessen Bürger. Aus dem Entwurf für den Koalitionsvertrag lassen sich die Erfolgsaussichten der künftigen Regierung nicht ablesen. Nicht, weil er schwammig wäre, überambitioniert oder tagträumerisch. Sondern weil die Politik und ihr Alltag sich nicht mit einem solchen Dokument regeln lassen. Es sind nicht die erwartbaren Entwicklungen, die eine Regierung im Bund oder im Land in die Bredouille bringen. Einen Reaktorunfall in Fukushima zum Beispiel hätte sich 2009 die damals neue schwarz-gelbe Koalition von Angela Merkel nie und nimmer vorstellen können.

Die Koalition aus SPD, FDP und Grünen muss gut regieren - und so die AfD in Schach halten

Bedeutsamer ist daher die Art und Weise, wie SPD, Grüne und FDP zueinandergefunden haben. Jede Seite wusste, dass sie Zugeständnisse machen musste. Weder können die Liberalen alle Brücken und Straßen bauen, die sie gern hätten, noch konnten die Grünen die ganz schnelle Energiewende umsetzen. Man machte Kompromisse - das ist an sich schon eine gute Sache in einem Land, dem mancherorts die erstarkenden Rechtspopulisten das Gegenteil beizubringen versuchen.

Auch erwecken die Koalitionäre den Eindruck, dass sie es ernst meinen mit der Konsolidierungspolitik. Trotz kostenträchtiger Vorhaben soll anderswo gespart werden. Die rheinland-pfälzische SPD hat in den vergangenen Jahren ziemlich viel Geld verschleudert. Die Haushaltszahlen werden spätestens in fünf Jahren zeigen, ob die Ampel tatsächlich ein Erfolg war.

Und diese Koalition wird am Ende auch daran gemessen werden, ob und wie sie die AfD in Schach hält. Die drei Partner in spe müssen gut miteinander regieren. Sie müssen den Wählern Politik schmackhaft machen. Andernfalls erhalten Protestparteien noch mehr Zulauf als bisher. Und es müssten sich womöglich SPD, CDU, Grüne, FDP und Linke zu All-Parteien-Regierungen zusammentun, um den Populisten zu trotzen. Was für Aussichten.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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