Reise:Die Romantik von Indiana Jones

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Der Tourismus in Ägypten leidet unter der Terror-Angst. Gräber und Pyramiden sollen ihn retten.

Von Paul-Anton Krüger

Ägypten hat feinsandige Strände, türkisfarbenes Meer und Sonne das ganze Jahr. Es hat Riffe und Tauch-Spots und Wüsten. Doch der Tourismus, eine der wichtigsten Devisenquellen und Arbeitgeber für Millionen im Land am Nil, liegt am Boden, seit am 31. Oktober ein Flugzeug mit 224 Menschen an Bord über der Sinai-Halbinsel abgestürzt ist. Es war eine Bombe der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die den überwiegend aus Russland stammenden Urlaubern den Tod brachte, platziert unter dem Sitz 31 A des Airbus A321, wie der russische Geheimdienst zu wissen glaubt.

Aus Russland gibt es deswegen derzeit keine direkten Flugverbindungen mehr nach Ägypten. Und aus Großbritannien sind bis zum neuen Jahr alle Flüge nach Scharm el-Scheich aus Sicherheitsgründen gestrichen. Damit fällt das lebensnotwendige Weihnachtsgeschäft mit den beiden wichtigsten Gästegruppen aus. Erste Hotels müssen bereits schließen.

Acht Urlauber starben bei einem Anti-Terror-Einsatz

Es ist nicht der erste Rückschlag: Im September hatte das Militär bei der Jagd nach Terroristen in der westlichen Wüste von einem Kampfhubschrauber aus Raketen auf vier Jeeps von mexikanischen Touristen gefeuert - im Glauben, sie seien die gesuchten Übeltäter. Acht Urlauber starben.

Strände und Sonne gibt es ebenso anderswo, wenn auch nicht so günstig wie in Ägypten. Danach schauen sich jetzt Touristen aus Europa und Russland um. Doch eines ist einmalig hier: Von Hurghada kann man per Bus einen Abstecher machen zu den Pyramiden von Gizeh, dem letzten der sieben Weltwunder der Antike, das noch existiert. Man kann eine Woche am Strand kombinieren mit Weltkulturerbe, einer Kreuzfahrt auf dem Nil, in Luxor die Tempel und das Tal der Könige besichtigen.

Entdeckungen wie jetzt im Grab des Tutanchamun bringen Ägypten die Aufmerksamkeit und positiven Nachrichten, die sich viele Menschen hier so dringend wünschen - und die Regierung versucht, das als zusätzliches Marketing zu nutzen, gerade jetzt, wo sie eine Europa-Werbekampagne für mehr als 70 Millionen Dollar auf unbestimmte Zeit stoppen musste.

"Die Pyramiden bergen noch eine Menge Geheimnisse", rief Mamdouh el-Damaty, der Minister für Altertümer, als er jüngst auf dem Plateau von Gizeh neue Forschungsergebnisse verkündete. Wissenschaftler haben begonnen, die 4500 Jahre alten Bauwerke mit Infrarot-Thermografie zu scannen, Untersuchungen mit anderen nicht-invasiven Methoden sollen folgen. In der Cheops-Pyramide haben sie Hinweise auf Hohlräume und verborgene Korridore gefunden - doch verbindet sich mit diesen Entdeckungen keine konkrete wissenschaftliche Theorie, wie mit den Untersuchungen im Grab Tutanchamuns.

Es ist eine Mischung aus Indiana-Jones-Romantik, Discovery Channel und tiefer gehendem kulturellen Interesse an der antiken Zivilisation, die damit angesprochen wird. Der Faszination kann sich kaum jemand entziehen. Die Untersuchungen in Tutanchamuns Grab "machen wir im Erkenntnisinteresse der Wissenschaft, nicht um Touristen anzulocken", sagt el-Damaty zwar. Doch auch er ist auf die Besucher angewiesen. Der Etat der Antikenverwaltung speist sich aus den Eintrittsgeldern der Besucher. Die würden kaum zurückgehen, wenn der Minister mit einer Sensation wie dem Grab der Nofretete oder bahnbrechenden Erkenntnissen zu den Pyramiden aufwarten könnte.

© SZ vom 30.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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