Regierungsbildung in Italien:Präsident unter Zugzwang

Italiens Staatspräsident Georgio Napolitano sucht nach Möglichkeiten der Regierungsbildung

Zur Überwindung des Patts könnte Napolitano einen Außenseiter mit der Bildung einer Regierung beauftragen.

(Foto: AFP)

Bersani ist mit seinem Versuch gescheitert, in Italien eine neue Regierung zu bilden. Jetzt sucht Staatschef Napolitano eilig nach einem Ausweg aus der Krise. Berlusconi würde sich gerne an einer Koalition beteiligen - auch unter einem Premier Bersani.

Nach der gescheiterten Regierungsbildung in Italien hat Präsident Giorgio Napolitano neue Konsultationen aufgenommen, um die Staatskrise zu lösen. Am Freitagvormittag empfing Napolitano Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi und weitere Vertreter von dessen Mitte-Rechts-Bündnis. Am Nachmittag spricht er mit der Protestbewegung Fünf Sterne von Beppe Grillo und zuletzt mit dem Mitte-Links-Bündnis mit ihrem Spitzenkandidaten Pier Luigi Bersani. Dieser hatte am Donnerstag nach mehrtägigen Sondierungen sein Scheitern bei der Regierungsbildung erklärt.

Aus der Parlamentswahl vor einem Monat waren die drei Lager nahezu gleich stark hervorgegangen. Für Bersanis Bündnis reichte es zwar für die Mehrheit im Abgeordnetenhaus, nicht aber im gleichberechtigten Senat. Alleine kann das Mitte-Links-Lager daher nicht regieren. Die politische Blockade in der von der Schuldenkrise besonders gezeichneten drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone belastet die internationalen Finanzmärkte und sorgt für Verunsicherung über die weitere Entwicklung in der Währungsgemeinschaft.

Chancen für Außenseiter

Berlusconi bekräftigte nach dem Treffen mit Napolitano seine Forderung nach einer Regierungsbeteiligung mit dem Mitte-Links-Bündnis, was Bersani allerdings zurückgewiesen hatte. Er sei auch bereit, Bersani als Kandidat für das Amt des Regierungschefs zu akzeptieren. Eine weitere Technokraten-Regierung wie die des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Monti lehnte Berlusconi ab. Die "tragische Erfahrung" mit der Monti-Regierung habe gezeigt, dass die Regierung aus den Parteien heraus gebildet werden müsse.

Unklar ist, wann der Staatspräsident öffentlich macht, wer jetzt eine Regierung bilden und sich dem Vertrauensvotum in beiden Parlamentskammern stellen soll.

Zur Überwindung des Patts könnte Napolitano einen Außenseiter mit der Bildung einer Mehr-Parteien-Koalition oder einer neuen Technokraten-Regierung beauftragen. Als mögliche Kandidaten werden in Italien der Generaldirektor der Notenbank, Fabrizio Saccomanni, der Präsident des Verfassungsgerichts, Franco Gallo, und der frühere Ministerpräsident Giuliano Amato genannt. Sollte die Regierungsbildung endgültig scheitern, drohen dem EU-Gründungsmitglied Neuwahlen.

Allerdings müsste dazu zunächst ein neuer Präsident vom Parlament gewählt werden. Napolitano scheidet Mitte Mai aus dem Amt aus, und laut Verfassung darf er in den letzten Monaten seiner Amtszeit die Volksvertretung nicht mehr auflösen. Doch auch die Wahl eines Nachfolgers dürfte angesichts der Machtverhältnisse im Parlament schwierig werden.

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