Referendum gegen Homosexuellenrechte:Die Slowakei hat andere Probleme

Auch sie blieben dem Referendum fern: Das schwule Paar Dusan und Libor in Bratislava. (Foto: REUTERS)

Gleichgeschlechtliche Paare, die bislang weder heiraten noch Kinder adoptieren dürfen, sollten auch in Zukunft - weder heiraten noch Kinder adoptieren dürfen. Kein Scherz, das war das Ziel einer Volksbefragung in der Slowakei. Sie ist gescheitert. Die Slowaken beschäftigen andere Dinge.

Kommentar von Cathrin Kahlweit

Es ist schon ziemlich absurd, wenn das Ziel einer Volksabstimmung ist, dass Menschen, die sowieso weniger Rechte haben als andere, weiterhin weniger Rechte haben sollen. Wenn also bestehende Diskriminierung für die Zukunft fortgeschrieben werden soll.

Genau das aber war der Hintergrund des Referendums zum "Schutz der Familie", das am Wochenende in der Slowakei stattfand. Gleichgeschlechtliche Paare, die weder heiraten noch Kinder adoptieren dürfen, sollten - weder heiraten noch Kinder adoptieren dürfen. Kein Scherz.

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Es nimmt daher nicht Wunder, dass sich die große Mehrheit der Bürger, der Politiker, der Medien in der Slowakei empört abgewandt hat, als die Allianz für die Familie, sekundiert von den katholischen Bischöfen des Landes, eine lautstarke Kampagne gegen Homosexuelle startete.

Denn tatsächlich hat die Slowakei, ein katholisches, aber auch postsozialistisches Land, in Familienfragen andere Probleme: immer mehr Alleinerziehende, hohe Scheidungs-, niedrige Geburtenraten.

Dieser Realität hinkt die Kirche gewaltig hinterher. Das bedeutet nicht, dass sie nicht christliche oder konservative Werte hochhalten soll. Aber muss das in eine Kampagne münden, die Vorurteile schürt und Verachtung nährt? Die Sache hatte dabei durchaus ein Gutes, wenn auch ungeplant: Viele Slowaken wissen jetzt mehr über Schwule und Lesben, über Toleranz und Diversität als zuvor.

© SZ vom 09.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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