Rede vor UN-Vollversammlung:Rohani bietet Gespräche über Atomprogramm an

Lesezeit: 3 min

Irans neuer Präsident Hassan Rohani hat in seiner ersten Rede vor der UN den versöhnlichen Kurs gegenüber dem Westen fortgesetzt. Er sei zu sofortigen Gesprächen über das Atomprogramm bereit, die aber befristet und zielorientiert sein müssten. In einem Interview bezeichnete er außerdem den Holocaust als "verwerflich".

Iran ist sofort zu "fristgebundenen und ergebnisorientierten Verhandlungen" über sein umstrittenes Atomprogramm bereit. Die Verhandlungen müssten aber zeitlich befristet und zielorientiert sein, sagte Irans neuer Präsident Hassan Rohani am Dienstag während seiner ersten Rede vor der UN-Vollversammlung in New York. Er sicherte volle Transparenz zu. Der Iran strebe nicht nach Atomwaffen.

Außerdem versuchte der Präsident, zu beschwichtigen: "Iran stellt absolut keine Gefahr für die Welt oder die Region dar". Rohani beharrte gleichzeitig auf dem Recht seines Landes, Uran anreichern zu dürfen. Das diene aber nicht militärischen Zwecken: "Das Ziel eines Atomprogramms eines jeden Landes darf nur die friedliche Nutzung sein. Ich erkläre hier mit aller Deutlichkeit, dass das der alleinige Zweck des iranischen Atomprogrammes ist."

Zuvor hatte US-Präsident Barack Obama bei seiner Rede erneut deutlich gemacht, dass die USA Iran mit Atomwaffen nicht dulden würden. Das Land habe aber ein Recht auf eine friedliche Nutzung von Atomenergie. "Ich glaube, wenn wir den Streit um das iranische Atomprogramm lösen können, wäre das ein entscheidender Schritt auf einer langen Straße entlang einer schwierigen Beziehung", fügte Obama hinzu.

Iran und die USA haben seit der Geiselnahme von mehr als 50 Amerikanern im Jahr 1979 keine diplomatischen Beziehungen mehr. Bereits vor der Vollversammlung wurde klar, dass Bewegung in die Atomgespräche mit Iran kommt. Noch diese Woche gebe es in New York ein hochrangiges Treffen der Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschlands (5+1-Gruppe) mit Iran, teilte das Weiße Haus mit. Obama ernannte Außenminister John Kerry zum US-Unterhändler in den Atomgesprächen.

Rohani kritisierte die Sanktionen gegen sein Land. Iran habe inzwischen das nötige Wissen für die Anreicherung von Uran erworben, sie habe industrielle Ausmaße angenommen. Es sei deshalb eine Illusion, das iranische Atomprogramm noch mit "illegalem Druck" stoppen zu wollen, sagte er in Anspielung auf die Sanktionen gegen sein Land. Rohani bezeichnete die Sanktionen als unmenschlich. Insbesondere die einfachen Bürger seien die Opfer. "Die sogenannte iranische Bedrohung ist nur eine ausgedachte Bedrohung."

Ein Treffen zwischen Obama und Rohani kam indes nicht zustande. Dafür traf Frankreichs Präsident François Hollande als erster westlicher Staatschef auf seinen iranischen Amtskollegen. Hollande äußerte sich nach dem 40-minütigen Treffen positiv über "diesen ersten Kontakt, der nach weiteren ruft". Auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle tauschte sich anschließend mit Rohani aus. Er sprach anschließend von einem "konstruktiven Gespräch". Themen waren neben den bilateralen Beziehungen auch der Streit um das iranische Atomprogramm und der Konflikt in Syrien. Westerwelle sagte anschließend: "Wir stimmen darin überein, dass der Einsatz von Chemiewaffen ein großes Verbrechen ist. Es bedarf deshalb konstruktiver Anstrengungen aller, um jetzt für Syrien einen Weg zu dauerhaftem Frieden und Stabilität zu finden."

Zuvor hatte er bereits Ruhanis Rede vor der UN-Vollversammlung gelobt, in der sich dieser zu sofortigen Gesprächen über das Atomprogramm bereiterklärt hatte. Der FDP-Politiker sprach von "Grund zu vorsichtigem Optimismus".

Die israelische Delegation hatte auf Anweisung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den Plenarsaal verlassen, bevor Rohani seine Rede hielt. Netanjahu warnte bereits davor vor einem Täuschungsmanöver. Hinterher sagte er: "Wie erwartet war dies eine zynische und heuchlerische Rede." Ruhani habe von Menschenrechten gesprochen, während der Iran an der Abschlachtung von Zivilisten in Syrien beteiligt sei. Er habe Terrorismus verurteilt, während der Iran sich selber in Dutzenden von Ländern des Terrorismus bediene.

Der Iran denke, beschwichtigende Worte und symbolische Handlungen ermöglichen es ihm, den Weg in Richtung Bombe fortzusetzen. Wie Nordkorea werde Teheran versuchen, durch kosmetische Zugeständnisse eine Aufhebung der Sanktionen zu erreichen und zugleich die Fähigkeit zum Atombombenbau zu bewahren, warnte Netanjahu.

Rohani bezeichnet Nazi-Verbrechen als "verdammenswert"

Es war der erste Auftritt des neuen iranischen Präsidenten vor den Vereinten Nationen. Sein Vorgänger Mahmud Ahmadinedschad hatte immer wieder für Skandale gesorgt, indem er unter anderem Israel mit der Vernichtung drohte oder den Holocaust leugnete.

Rohani dagegen bezeichnete die Nazi-Verbrechen an Juden in einem CNN-Interview als "verwerflich". Rohani sagte am Dienstag am Rande der UN-Vollversammlung dem US-Sender: "Ich habe bereits zuvor gesagt, dass ich kein Historiker bin und dass, wenn es auf die Dimensionen des Holocausts zu sprechen kommt, es die Historiker sind, die darüber reflektieren sollten. Aber allgemein kann ich Ihnen sagen, dass jedes Verbrechen, dass in der Geschichte gegen die Menschlichkeit geschieht, einschließlich des Verbrechens der Nazis an den Juden, ebenso wie an Nicht-Juden, aus unserer Sicht verwerflich und verdammenswert ist."

Das Interview soll am Mittwoch ausgestrahlt werden. Der Sender veröffentlichte im Internet Auszüge des Interviews auf Englisch.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters/schma - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: