Rede vor Bundeswehr-Akademie:Unglückliche Formulierung

Von "Kriegspropaganda" spricht die Linkspartei nach der Rede des Bundespräsidenten vor der Führungsakademie der Bundeswehr. Dieser Vorwurf ist nicht haltbar. Doch nicht alle Formulierungen von Gauck waren gelungen - Glückssucht ist jedenfalls kein Grund für die bröckelnde Akzeptanz für Auslandseinsätze.

Kurt Kister

Die Diskussion über die Rede des Bundespräsidenten an der Führungsakademie der Bundeswehr hält an. Natürlich hat Gauck keine "Kriegspropaganda" betrieben, wie es ihm von der in Uralt-Klischees befangenen neuen Vorsitzenden der Linkspartei entgegengehalten wird. Er hat nur eine intensivere Debatte über die Voraussetzungen von Auslandseinsätzen angemahnt. Es stimmt, dass die Bundeswehr im öffentlichen Bewusstsein wenig präsent ist und auch deswegen Wehrpolitik jenseits der Schließung von Standorten keine große Rolle spielt.

Allerdings hängt dies auch damit zusammen, dass die Mehrzahl der Deutschen dem Militär als Instrument der Außenpolitik skeptisch gegenübersteht. Wenn es einen unmittelbaren Anlass gibt - das Blutvergießen auf dem Balkan oder die Attentate des September 2001 - finden sich zwar Mehrheiten für die Entsendung deutscher Soldaten. Diese Mehrheiten jedoch bröckeln schnell wieder, weil die Überzeugung, Deutsche sollten sich nicht auf Kriege einlassen, stärker ist.

Dies hat nichts damit zu tun, dass die Gesellschaft "glückssüchtig" wäre, wie das Gauck in einer unglücklichen Formulierung behauptete. Man muss kein egoistischer Hedonist sein, um zu erkennen, dass die dauerhafte Besetzung eines Landes durch fremde Truppen nicht zu mehr Freiheit oder auch nur zu nation building führt.

Im Übrigen gehört die Glückssucht, in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung pursuit of happiness genannt und gemeinsam mit Freiheit und dem Recht auf Leben aufgezählt, zu jenen menschlichen Ursehnsüchten, deren Verteidigung notfalls äußerste Anstrengungen rechtfertigt. Das müsste gerade der selbsternannte Freiheitspräsident Gauck wissen.

© SZ vom 14.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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