Rechtsextremismus-Studie:Jeder dritte Ostdeutsche ist ausländerfeindlich

Im Osten Deutschland sind extremistische Einstellungen weit verbreitet, zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Der Erhebung zufolge sind 39 Prozent der Ostdeutschen ausländerfeindlich, gegenüber 22 Prozent der Westdeutschen. Auch der Judenhass ist ausgeprägt - besonders unter Migranten.

Rechtsextreme Einstellungen nehmen in Deutschland zu. Neun Prozent aller Deutschen haben ein "geschlossenes rechtsextremes Weltbild", zeigt die aktuelle Studie "Die Mitte im Umbruch. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012" der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung. Vor zwei Jahren waren es noch 8,2 Prozent. Befragt wurden 2513 Menschen in Deutschland. Besonders auffällig ist, dass sich der Osten weiter radikalisiert. Knapp 16 Prozent der Menschen in den neuen Bundesländern haben der Studie zufolge ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild - der höchste bisher gemessene Wert.

Als alarmierend beurteilen die Forscher auch die hohen Zustimmungswerte bei jungen Ostdeutschen im Alter von 14 bis 30 Jahren. Anders als in früheren Befragungen weisen diese bei der Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, von Chauvinismus, Sozialdarwinismus und der Verharmlosung des Nationalsozialismus' höhere Werte auf als die Altersgruppe der über 60-Jährigen

Die Ausländerfeindlichkeit bei den jungen Ostdeutschen beläuft sich demnach auf mehr als 38 Prozent. Die Forscher warnen daher vor einer neuen "Generation des Rechtsextremismus'". Gründe für diese Entwicklung sehen sie vor allem in der schwachen wirtschaftlichen Lage in den neuen Bundesländern. Nach wie vor existierenden Unterschiede zwischen Ost und West seien dagegen weniger relevant.

Antisemitismus oder Ausländerfeindlichkeit gibt es der Studie zufolge auch unter Migranten. Vor allem diejenigen ohne deutsche Staatsbürgerschaft erreichen der Studie zufolge besonders hohe Werte. Gegenüber Juden haben sie teilweise sogar stärkere Vorurteile als die befragten Deutschen. Gleichzeitig fühlten sich Migranten insgesamt sozial und politisch ausgegrenzt.

Die Ergebnisse der Studie im Überblick:

[] Nationalgefühl

Darf man stolz auf Deutschland sein oder nicht? Diese Frage wird seit der Fußball-WM in Deutschland 2006 immer wieder diskutiert. Eine eindeutige Antwort gibt es bisher nicht, doch der Wunsch ist da, wie die Studie zeigt: Knapp 40 Prozent der Befragten unterstützen demnach ein starkes Nationalgefühl. Ein Drittel fordert dabei ein hartes Auftreten gegenüber "dem Ausland".

[] Ausländerfeindlichkeit

Diesen Bereich beobachten die Forscher mit Sorge. Ausländerfeindlichkeit ist der Studie zufolge tief in der Gesellschaft verankert. So habe beispielsweise die Aussage "Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen", nur ein Drittel der Befragten komplett abgelehnt. Die Mehrheit stimmte entweder zu oder sei sich teilweise unsicher gewesen.

In punkto Ausländerfeindlichkeit gebe es jedoch einen Unterschied zwischen Ost und West: Während der Wert in Westdeutschland bei etwas weniger als 22 Prozent liegt, kommen die Wissenschaftler in den neuen Bundesländern auf einen Wert von fast 39 Prozent. Er ist damit so hoch wie nie zuvor - für die Forscher ein erschreckendes Ergebnis. "Ein Gegensteuern auf allen gesellschaftlichen Ebenen ist längst überfällig", heißt es.

[] Antisemitismus

Die Beschneidung von Jungen hat in Deutschland zuletzt für heftige Diskussionen gesorgt - dabei wurden auch immer wieder antisemitische Töne laut. Der Studie zufolge stimmt jeder sechste Deutsche Vorurteilen gegenüber Juden zu. In Ostdeutschland, wo bis vor einigen Jahren Antisemitismus geringer ausgeprägt gewesen sein soll, steigen die Werte erstmals. Besonders ausgeprägt ist der Judenhass bei Migranten ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Sie fühlten sich weniger an den offiziellen Konsens der deutschen Gesellschaft gebunden, gegen Antisemitismus zu sein.

[] Islamfeindlichkeit:

Islamfeindlichen Aussagen stimmen der Studie zufolge fast 60 Prozent der Befragten zu, wobei mehr Männer Vorurteile zu haben scheinen als Frauen. Auch bei dieser Frage liegt Ostdeutschland deutlich vorn, heißt es in der Studie. In den alten Bundesländern sei der Wert deutlich geringer ausgebildet.

[] Demokratie:

Große Zustimmung in diesem Bereich: 78, 8 Prozent der Befragten sind zufrieden mit der Demokratie, wie sie in der deutschen Verfassung festgeschrieben ist. Sieben Prozent der Befragten würden jedoch unter Umständen die Diktatur vorziehen. Einen Führer wünscht sich immerhin noch mehr als jeder zehnte Deutsche - damit sind antidemokratische Aussagen in Deutschland durchaus verbreitet.

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