Rechter Terror in Deutschland:Spur der Neonazis führt auch ins Ausland

Die rechtsextreme Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" hat nach einem Zeitungsbericht möglicherweise auch Kontakte ins Ausland unterhalten: Ermittler halten es für möglich, dass die Neonazis den Umgang mit Waffen im Ausland trainiert haben. Die Behörden prüfen außerdem, ob die Neonazis Sprengstoff im Besitz hatten, der aus einem Bundeswehrdepot gestohlen worden war.

Die rechtsextremistische Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) unterhielt nach einem Zeitungsbericht möglicherweise auch Kontakte ins Ausland.

Deutsche Zielfahnder orteten Mitglieder der Gruppe nach Informationen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung im September 1998 im ungarischen Budapest und im August 2000 in Bulgarien. Auch nach Südafrika führe eine Spur. Mehrere Thüringer Neonazis sollen sich zudem im Jahr 2000 auf der Farm des Gesinnungsgenossen und Publizisten Claus Nordbruch in Südafrika aufgehalten haben. Dem Bericht zufolge halten es Ermittler für möglich, dass Böhnhardt und Mundlos den Umgang mit verschiedenen Waffen im Ausland trainiert haben.

Einem Bericht der Bild am Sonntag zufolge prüfen Ermittler, ob der 2004 verübte Kölner Nagelbombenanschlag mit in Thüringen gestohlenem Sprengstoff verübt wurde. Nach Informationen der Zeitung waren 1991 aus einem Bundeswehr- Munitionsdepot nahe Kahla rund 40 Kilogramm Sprengstoff TNT gestohlen worden. Fahnder hätten nun herausgefunden, dass die von den Rechtsextremisten gebauten Rohrbomben, die 1998 in einer Garage in Jena gefunden wurden, mit dem TNT aus dem Bundeswehrdepot gefertigt waren. Die Ermittler befürchten jetzt, dass auch die restlichen 38 Kilogramm Sprengstoff in den Händen von Neonazis sein könnten.

Der Terrorverdächtige André E. sei unmittelbar nach seiner Verhaftung am vergangenen Donnerstag dazu befragt worden, habe allerdings die Aussage verweigert.

Unterdessen schlug CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt in der Diskussion über Konsequenzen aus der Gewaltserie der Zwickauer Neonazis vor, der NPD den Geldhahn zuzudrehen. "Eine Partei, in deren Umfeld sich Neonazis und Terrorzellen aufhalten, darf sich nicht mit Staatsgeldern finanzieren", sagte Dobrindt der Bild am Sonntag. Es "stinkt zum Himmel", dass die NPD über eine Million Euro im Jahr aus Steuergeldern erhalte.

Auch auf dem Bundesparteitag der Grünen in Kiel war der Umgang mit der rechtsextremen Partei ein Thema. Die Grünen wollen ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD nur dann, wenn der Erfolg gewiss ist. Die Bundesregierung müsse prüfen, ob sich aus den Ermittlungsergebnissen nach den Morden Konsequenzen für ein Verbot ergeben, forderte der Bundesparteitag am Sonntag in Kiel. "Wir werden Rechtsextremismus auch nicht allein durch ein NPD-Verbot bekämpfen", sagte die Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke.

Grünen-Chefin Claudia Roth hält es ebenfalls nur für einen von mehreren Schritten. Ein Verbot wäre ein Signal an die Opfer der Neonazi-Morde, sagte sie. Zwingend sei vor allem die Forderung: "Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung", so Roth. "V-Leute sind keine Beamten, das sind Nazis, die müssen abgeschaltet werden."

Verfassungsschutz war schon 1998 über Waffenbeschaffung informiert

2003 war ein Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert, weil die NPD mit Spitzeln des Verfassungsschutzes unterwandert war. Die Grünen fordern nun unter anderem eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen im Kampf gegen Rechts, offensive Ausstiegsangebote, flächendeckende Opferberatungsstellen und eine Rücknahme der "Extremismusklausel". Nach dieser müssen Initiativen, die im Kampf gegen Rechts Förderung beantragen, bezeugen, dass sie für die freiheitliche Grundordnung einstehen.

Nach Spiegel-Informationen gibt es unterdessen neue Erkenntnisse über den Verfassungsschutz: Demnach habe die Behörde bereits 1998 davon gewusst, dass sich die Untergetauchten Waffen besorgten. Demnach soll ein V-Mann im September 1998 berichtet haben, ein sächsischer Neonazi beschaffe für Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe Waffen, berichtet das Nachrichtenmagazin. Zudem wurden die Verfassungsschützer informiert, dass mit den Waffen Überfälle begangen werden sollten.

Die Hinweise stammen nach Angaben des Spiegel vom brandenburgischen Verfassungsschutz und wurden an die Kollegen in Sachsen und Thüringen sowie das Bundesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet. Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe waren Anfang 1998 untergetaucht.

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