Trauer:Deutsche Kopten sagen Weihnachtsfeier ab

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Nach dem Blutbad an Christen in Ägypten schützt die Polizei koptische Gotteshäuser in Deutschland. Libanons Ex-Präsident nennt den Anschlag Völkermord.

Der blutige Anschlag auf christliche Ägypter in Alexandria wirkt sich auch auf deutsche Kopten aus. Die koptische Gemeinde in Frankfurt wird während des koptischen Weihnachtsfestes Ende dieser Woche besonders bewacht. "Wir bekommen von der Polizei Objekt- und Personenschutz", sagte Diakon Michele Riad der Frankfurter Rundschau. Gleiches gelte für die Trauerfeier, die für Samstag in dem Gotteshaus im Stadtteil Bockenheim geplant ist. Auch in Frankreich, Österreich und den Niederlanden stehen die koptischen Gotteshäuser des Landes künftig unter verstärktem Polizeischutz. Die Kirchen waren zuvor auf einer Internetseite der Terrororganisation Islamischer Staat Irak genannt worden, die mit dem Al-Qaida-Netzwerk in Verbindung stehen soll.

Trauer in Frankfurt: Pater Pigol Bassili von der Koptisch-Orthodoxen Sankt Markus Kirchengemeinde. (Foto: dapd)

Der Terroranschlag auf einen Gottesdienst koptischer Christen in Ägypten mit mindestens 21 Todesopfern hat die deutschen Glaubensbrüder tief erschüttert. "Viele Menschen weinen. Ihr Herz blutet", sagte Bischof Anba Damian, höchster Repräsentant der koptischen Christen in Deutschland, der Nachrichtenagentur dapd. Im Hinblick auf das am 7. Januar anstehende Weihnachtsfest seiner Kirche sagte der Geistliche: "Es wird keine Feierlichkeiten geben, höchstens die Liturgie."

Bischof Damian nannte den Anschlag auf den Gottesdienst "grausam, schockierend und ekelhaft". Von den obersten Imamen in Ägypten forderte der Bischof eine klare Distanzierung vom Terrorismus. Islamische Funktionäre müssten außerdem diejenigen im Auge behalten, "die jetzt auf den Straßen jubeln".

Weiterhin müsse alles getan werden, um die Täter zu bestrafen. Positiv berührt zeigte sich der Bischof von den weltweiten solidarischen Reaktionen auf das Attentat. Insbesondere gelte dies für das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche. "Die Solidarität des Heiligen Vaters Papst Benedikt war eindeutig", sagte Damian. Außerdem habe es viele Anrufe gegeben von Muslimen aus Ägypten und aus Deutschland, die diese Anschläge in aller Form verurteilt hätten.

Der frühere libanesische Präsident Amin Gemayel sprach von einem "Völkermord" extremistischer Gruppen gegen Christen im Nahen Osten. Es gebe grundlose und nicht zu rechtfertigende Massaker gegen sie, sagte Gemayel mit Blick auf die jüngste Gewalt in Ägypten und im Irak. "Was den Christen geschieht, ist ein Völkermord." Gemayel, selbst ein Christ, war in den 1980er Jahren Präsident im Libanon.

Koptischer Papst ruft zur Ruhe auf

Nach dem tödlichen Bombenanschlag auf eine koptische Kirche in Alexandria in der Silvesternacht haben die Ausschreitungen auf die ägyptische Hauptstadt Kairo übergegriffen. Im nördlichen Stadtteil Schubra gab es am Montag gewaltsame Zusammenstöße zwischen Hunderten Demonstranten und Sicherheitskräften. Nach Angaben eines Fotografen der Nachrichtenagentur AP wurden mindestens fünf Menschen verletzt, darunter zwei, die schwere Kopfverletzungen erlitten. Ägyptische Medien sprechen von mehr als 40 verletzten Sicherheits- und Polizeibeamten.

Der koptische Papst Schenuda III. rief die Gläubigen zur Ruhe auf und appellierte zugleich an die ägyptische Regierung, auf die Klagen von Christen wegen Diskriminierung zu reagieren. Der Staat "muss die Probleme der Kopten sehen und versuchen, sie zu lösen", sagte Schenuda in einem Interview des staatlichen Fernsehens. "Probleme werden mit Ruhe und Kommunikation gelöst und nicht mit Ärger und Emotionen", betonte der koptische Papst. Die koptischen Christen fühlten sich den Gesetzen verpflichtet, aber ungerechte Gesetze müssten geändert werden.

Die Union in Deutschland forciert nun eine Debatte über die Verfolgung von Christen weltweit. "So wie es sich im Irak, in afrikanischen Ländern und jetzt in Ägypten darstellt, so darf es nicht weitergehen", sagte Unions-Fraktionschef Volker Kauder. Deutschland müsse Druck auf Ägypten ausüben. Die Führung in Kairo habe zwar angkündigt, den Fall aufzuklären und Christen zu schützen - "es muss aber noch mehr gezahlt werden", sagte Kauder der Passauer Neuen Presse. Auch Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) bedauerte, dass die Bedrohung der Christen in Ägypten in der Vergangenheit nicht ernst genug genommen worden sei.

Etwa zehn Prozent der 80 Millionen Ägypten sind koptische Christen. Sie werden oft benachteiligt und immer wieder Opfer von Anschlägen.

© sueddeutsche.de/dpa/dapd/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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