Alon Meyer:Repräsentant eines neuen deutschen Judentums

Lesezeit: 2 min

Alon Meyer, Chef des deutschen Dachverbands der jüdischen Sportvereine, in Berlin (Foto: dpa)

Die jüdischen Makkabi-Spiele finden erstmals in Deutschland statt. Auch dank Alon Meyer, Chef des Dachverbands der jüdischen Sportvereine. Auch seine Familie wurde von den Nazis verfolgt.

Vor ein paar Tagen sprach Alon Meyer einen Satz, der an Schlichtheit und, genau betrachtet, auch an Großzügigkeit nicht zu überbieten war: "Es ist schön hier in Deutschland!"

Ebendies gelte es nun der Welt zu vermitteln, aus Anlass der Europäischen Makkabi-Spiele, des Sportfests der europäischen Juden, das 1929 erstmals ausgetragen wurde und nun zum ersten Mal überhaupt in Deutschland stattfindet. Am Dienstagabend werden die Spiele in der Berliner Waldbühne feierlich eröffnet, im Beisein von Bundespräsident Joachim Gauck.

Berliner Politiker nahezu aller Parteien betonten in den vergangenen Wochen immer wieder, dass es sich bei der Ausrichtung dieser Spiele um ein veritables Geschenk handelt. Meyer, 41, hat viel damit zu tun, dass es Deutschland überreicht wird.

Maccabi-Spiele in Berlin
:Sportliches Date mit der Geschichte

Die European Maccabi Games sind hierzulande das gesellschaftspolitisch bedeutendste Sportfest seit Jahren. Bei der Deutschland-Premiere soll es ein neues jüdisches Selbstverständnis symbolisieren - doch die Wirtschaft ignoriert das Event.

Von Javier Cáceres und Jens Schneider

Seit November 2013 steht der dreifache Familienvater und Immobilienunternehmer dem Dachverband der jüdischen Sportvereine in Deutschland vor; und es ist auch sein Traum, der Welt zu zeigen, dass "nur 70 Jahre nach dem Ende der Shoah" wieder jüdisches Leben in Deutschland blüht.

Meyer versteht sich als Repräsentant eines neuen, selbstbewussten und betont deutschen Judentums, das sich vor vier Jahren, als die Europäischen Makkabi-Spiele in Wien und damit erstmals nach 1945 auf dem Gebiet des Dritten Reiches stattfanden, auch klar als deutsche Juden positionierte. Anders als bei vorangegangen Spielen lief die deutsche Delegation der Eröffnungsfeier nicht in der Makkabi-Farbe Weiß ein. Sondern in Schwarz-Rot-Gold.

Die Resonanz war überwältigend und positiv. Und bot die Grundlage dafür, dass man sich daran wagte, sich um die Ausrichtung der Spiele zu bewerben. Nun finden sie in Berlin nicht irgendwo statt, sondern auf dem Olympiagelände, dem Schauplatz der Spiele, die Hitler 1936 als Propagandaplattform dienten, und bei denen jüdische Sportler ausgegrenzt wurden.

Allein die dortigen Schatten sorgen dafür, dass eine nicht zu vergessende Vergangenheit präsent ist. Meyer freilich spricht häufig und gern von der Gegenwart und der Zukunft in einem Land, das seine Ahnen vertrieb und meuchelte. Zwei Brüder seines Großvaters und die Eltern seiner leiblichen Mutter kamen im Holocaust um.

Vater Wolfgang floh mit seinen Eltern nach der Machtergreifung der Nazis nach Palästina. 1958 kehrte er nach Frankfurt zurück und belebte das jüdische Gemeindewesen. Unter anderem war er 1965 einer der Mitbegründer von Makkabi Deutschland - und zeichnete so den Weg des Sohnes vor.

Schon als Kleinkind, so erinnert sich Alon Meyer, habe er mit der Sammelbüchse bei Makkabi-Veranstaltungen Spenden eingesammelt; an vielen Makkabi-Spielen nahm er teil, als aktiver Fußballer, später als Trainer und Funktionär. Dass die Europäischen Makkabi-Spiele in Berlin stattfinden, berührt ihn auch persönlich. Berlin ist die Stadt, aus der sein Vater mit seinen Eltern fliehen musste.

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: