Präsidentenwahl in Afghanistan:Betrugsvorwürfe überschatten Ghanis Erfolg

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Hat gute Chancen, Afghanistans neuer Präsident zu werden: Ashraf Ghani (Foto: dpa)

Bei der Stichwahl um das afghanische Präsidentenamt liegt Ex-Finanzminister Ghani plötzlich klar vor Ex-Außenminister Abdullah. Der weigert sich, das Wahlergebnis anzuerkennen - und spricht von einem "Putsch gegen die Stimmen des Volks".

  • Überraschende Wende in Afghanstan: Der ehemalige Finanzminister Ghani liegt nach dem vorläufigen Ergebnis in der Stichwahl klar vorne mit 56 Prozent der Stimmen.
  • Der unterlegene frühere afghanische Außenminister Abdullah wirft der Kommission, das Wahlergebnis anzuerkennen und spricht von einem "Putsch gegen die Stimmen des Volkes".

Die Stichwahl um das Präsidentenamt in Afghanistan hat der frühere Finanzminister Aschraf Ghani nach dem vorläufigen Ergebnis klar gewonnen. Allerdings betonte die Wahlkommission am Montag in Kabul, das Endergebnis könne nach der Überprüfung von Betrugsvorwürfen durch die Wahlbeschwerdekommission davon abweichen.

Nach den vorläufigen Zahlen gewann Ghani bei der Stichwahl am 14. Juni 56,44 Prozent der Stimmen. Der Sieger der ersten Wahlrunde, Ex-Außenminister Abdullah Abdullah, kam demnach auf 43,56 Prozent. Abdullah hatte der Kommission Manipulationen zugunsten Ghanis vorgeworfen und damit gedroht, das Ergebnis nicht anzuerkennen.

Rivalen warnen sich

Abdullah hatte die erste Wahlrunde am 5. April mit 45 Prozent der Stimmen gewonnen, Ghani war auf 31,6 Prozent gekommen. Der frühere Außenminister will das Wahlergebnis nicht anerkennen: "Wir akzeptieren die heute verkündeten Resultate nicht und sehen dies als einen Putsch gegen die Stimmen des Volkes an", sagte sein Sprecher Mujib Rahman Rahimi. Er nannte das Ergebnis "nicht legitim" und kritisierte, die Wahlkommission hätte mit der Veröffentlichung warten müssen. Die Teams der beiden Kandidaten hätten sich zuvor auf eine weitere Überprüfung von Stimmen einigen sollen. "Niemand hat das Recht, uns mit gefälschten Stimmen zu regieren." Die verfrühte Veröffentlichung des Ergebnisses führe Afghanistan in eine Krise.

Ghanis Sprecherin Heela Erschad kritisierte die Warnung der Gegenseite und betonte, es gebe weiterhin Zeit für eine Lösung. Sie rief die Wahlbeschwerdekommission dazu auf, gefälschte Stimmen auszusortieren.

Der Vorsitzende der Wahlkommission, Jusuf Nuristani, räumte ein, es habe Fehler im Wahlprozess gegeben. Es liege nun an der Beschwerdekommission, verbleibende Beschwerden zu überprüfen. Das amtliche Endergebnis soll am 22. Juli verkündet, der Nachfolger von Präsident Hamid Karsai am 2. August ins Amt eingeführt werden.

USA rufen Kandidaten zur Zurückhaltung auf

Auch das US-Außenministerium sprach in einer Mitteilung von "ernsthaften Betrugsvorwürfen", die untersucht werden müssten, und mahnte beide Seiten zur Zurückhaltung. Das Ergebnis sei noch nicht endgültig und keiner der Kandidaten solle voreilig den Sieg beanspruchen. Die Unterstützung der USA für Afghanistan sei nur bei einem glaubhaften Wahlergebnis möglich.

Abdullah war bereits 2009 bei einer von Fälschungsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl Karsai unterlegen. Der Wahlbetrug damals war vor allem dem Karsai-Lager angerechnet worden. Der Leiter der Wahlkommission, Nuristani, sagte, bei der Stichwahl am 14. Juni hätten rund acht Millionen der etwa zwölf Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben. 38 Prozent der Wähler seien Frauen gewesen. Bei der ersten Wahlrunde lag die Zahl der als gültig gewerteten Stimmen nach Angaben der Wahlkommission bei 6,6 Millionen.

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