Portugal:Einer rechts, zwei links

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Verhandelt parallel: António Costa, unterlegener Spitzenkandidat der Sozialisten, will in Portugal eine Regierung bilden. (Foto: Francisco Leong/AFP)

Ohne die Sozialisten unter António Costa kann niemand in Lissabon regieren. Sie haben die Wahl, mit wem.

Von Thomas Urban, Madrid

Eine Woche nach ihrer Schlappe bei den Parlamentswahlen in Portugal haben die Sozialisten (PS) die Initiative zur Bildung einer neuen Regierung übernommen. Ihr unterlegener Spitzenkandidat António Costa verhandelt parallel: sowohl mit der bisherigen Mitte-rechts-Koalition unter Premierminister Pedro Passos Coelho, als auch mit zwei linksradikalen Parteien, die den Einzug ins Parlament in Lissabon geschafft haben.

Noch vor einer Woche hatte Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva seinen Parteifreund Coelho mit der Regierungsbildung beauftragt und an die PS appelliert, Juniorpartner in einer großen Koalition zu werden. Das von der bisherigen Koalition gebildete Wahlbündnis "Portugal vorn" (PàF) hatte vor zehn Tagen 38,5 Prozent der Wähler hinter sich gebracht, die PS 32,4 Prozent. Der Linksblock (BE), den die griechische Syriza und die linksalternative spanische Protestpartei Podemos unterstützen, kam auf 10,2 Prozent, die Demokratische Einheitskoalition (CDU), ein Zusammenschluss aus Kommunisten und Grünen, auf 8,3 Prozent. Die bisherige Regierung, die seit vier Jahre ein striktes Sparprogramm durchgesetzt hat, verfügt somit nur über 104 der 230 Sitze im Parlament zu Lissabon.

Angesichts dieses Wahlausgangs ist es sicher, dass sich die bisher oppositionellen Sozialisten an der neuen Regierung beteiligen. Es ist nur die Frage, ob sie Juniorpartner bei Coelho werden wollen oder ein Linksbündnis mit BE und CDU schließen. Coelho steht an der Spitze der Sozialdemokratischen Partei (PSD), die trotz ihres Namens liberal konservative Positionen vertritt. Die PS Costas, des früheren populären Oberbürgermeisters von Lissabon, ist Partner der deutschen SPD. Costas hatte im Wahlkampf einräumen müssen, dass auch eine von ihm geführte Regierung den Sparkurs grundsätzlich fortsetzen werde. Noch am Wahlabend hatte er angesichts des für ihn enttäuschenden Ergebnisses zugesagt, die Sozialisten würden dem Wahlsieger Coelho nicht die Regierungsbildung blockieren. Doch überraschend traf er am Montag erst mit Vertretern des Linksblocks, dann der CDU zusammen. Bisher galt in der PS, dass eine Koalition mit den Linksradikalen nicht möglich sei: Die CDU, die das Land aus der Nato und der EU führen möchte, werde von "Altstalinisten" kontrolliert, im BE seien "maoistische Wirrköpfe" am Werke, hört man dort.

Nur ein taktischer Schwenk, um die Verhandlungsposition noch zu verbessern?

Doch vertraten Kommentatoren in Lissabon die Auffassung, dass es sich nur um einen taktischen Linksschwenk Costas gehandelt habe. Denn am Dienstagabend sollte Costas sich erneut mit Coelho und dessen Juniorpartner Paulo Portas von der konservativen Volkspartei (PP) treffen. Weil Coelho für die Bildung einer stabilen Regierung von Costa abhängig ist, dieser überdies mit einer Linksregierung drohen kann, wird erwartet, dass das bisherige Regierungslager Zugeständnisse an die Sozialisten macht.

Portugal retteten vor vier Jahren Kreditzusagen des Internationalen Währungsfonds, der Europäischen Zentralbank und der EU vor dem Staatsbankrott . Zuvor war der damalige sozialistische Premier José Sócrates mit einem Konjunkturprogramm auf Pump gescheitert. Portugal hat Ende 2014 die Rezession überwunden, für Ende 2015 wird mit einem Wachstum von 1,7 Prozent gerechnet.

© SZ vom 14.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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