Politik kompakt:Castor-Transport: Sprengsätze an den Gleisen

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Mehr als tausend Atomgegner demonstrierten in verschiedenen Städten gegen den bevorstehenden Castor-Transport nach Lubmin. Möglicherweise wurde ein Anschlag verhindert.

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Hunderte Menschen haben am Samstag gegen den bevorstehenden Atommülltransport von Karlsruhe nach Vorpommern demonstriert. Die Proteste blieben zumeist friedlich. An einer Bahnstrecke nördlich von Berlin wurde ein möglicher Anschlag verhindert. Dort wurden nahe Oranienburg am Freitag zwei Spreng- und Brandsätze in Kabelschächten beiderseits der Gleise gefunden.

Mehrere hundert Menschen haben am Samstag in Greifswald friedlich gegen den Atommülltransport demonstriert. (Foto: dpa)

Die Ermittler schließen nicht aus, dass es einen Zusammenhang mit dem anstehenden Atomtransport gibt. Der hoch radioaktive Müll, der am kommenden Mittwoch ins Zwischenlager bei Lubmin nahe Greifswald rollen soll, stammt aus der fast 20-jährigen Betriebszeit der stillgelegten Karlsruher Wiederaufarbeitungsanlage (WAK).

Inhalt der brisanten Fracht sind 56 Tonnen eines Glasgemisches mit hochradioaktiven Resten aus der WAK. In Greifswald versammelten sich Schätzungen zufolge rund 500 Menschen auf dem Marktplatz, um gegen den Atomtransport in ihre Region zu demonstrieren. Am Startpunkt des Transports, in Karlsruhe, protestierten Anti-Atom-Initiativen gegen den aus ihrer Sicht "sinnlosen Atomtourismus" und dessen Gefährlichkeit.

Auf Plakaten forderten sie einen Stopp der Transporte, solange die Endlager-Frage nicht geklärt ist. Der Atommüll lagere im Nordosten auch nicht sicherer als in Karlsruhe. Nach Angaben der Polizei kamen etwa 250 Demonstranten, die Veranstalter sprachen von etwa 400 Teilnehmern. Im thüringischen Erfurt kamen etwa 150 Anti-Atom-Demonstranten zu einer Kundgebung zusammen, in Halle (Sachsen-Anhalt) waren es nach Polizei-Angaben etwa 50 Menschen. Auch in Hessen gab es kleinere Aktionen.

(dpa)

Westerwelle will die Hartz-IV-Erhöhung schon jetzt auszahlen, gegen Pakistans ehemaligen Präsidenten Musharraf ist Haftbefehl erlassen worden und in Kolumbien haben die Farc-Rebellen Geiseln freigelassen: Lesen Sie weitere Kurzmeldungen auf den folgenden Seiten.

Der palästinensische Chefunterhändler im Nahost-Friedensprozess, Saeb Erekat, hat seinen Rücktritt erklärt. (Foto: AFP)

Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat hat in Ramallah seinen Rücktritt eingereicht. Der langjährige Vertraute von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zieht damit die Konsequenzen aus einer Affäre um ein Datenleck in seiner Behörde. Drei Mitarbeiter sollen etwa 1600 streng vertrauliche Dokumente über den Nahost-Friedensprozess an den arabischen Fernsehsender al-Dschasira weitergegeben haben. Unklar ist, ob Abbas das Rücktrittsangebot annimmt.

Die sogenannten "Palästina-Papiere" hatten Anfang des Jahres für großen Wirbel gesorgt. Zum ersten Mal wurde deutlich, dass die moderate Führung um Abbas entgegen allen öffentlichen Darstellungen zu weitreichenden Zugeständnissen in den Friedensverhandlungen mit Israel bereit gewesen ist.

Abbas sowie Erekat warfen al-Dschasira vor, mit einer gezielten Kampagne die moderate Autonomiebehörde stürzen zu wollen. Erekat hatte zu Beginn der Affäre angeboten, die politische Verantwortung zu übernehmen und zurückzutreten, falls eine Untersuchungskommission seine Behörde für die Weitergabe der vertraulichen Dokumente verantwortlich machen sollte.

Der heute 55-Jährige gehörte bereits zur palästinensischen Delegation, die mit Israel Mitte der Neunziger Jahre die Oslo-Verträge für ein Autonomieabkommen ausgehandelt hatte.

( dpa)

Im Streit über die Neuregelung der Hartz-IV-Sätze hat sich Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle dafür ausgesprochen, den Langzeitarbeitslosen die Minimalerhöhung von fünf Euro schon jetzt auszuzahlen und nicht erst die neue Runde im Vermittlungsverfahren abzuwarten.

In einem Interview mit der Südwest-Presse kündigte Westerwelle an, die schwarz-gelbe Koalition werde mit der Opposition erneut Verhandlungen aufnehmen "und versuchen, erst einmal zu beschließen, was geht". "Wenn die Opposition mehr bei den Regelsätzen will, dann sollten die objektiv errechneten fünf Euro zunächst beschlossen werden, damit sie bei den Betroffenen ankommen."

Die Schuld an dem wochenlangen, bislang vergeblichen Gezerre um die Reform gab Westerwelle de SPD und den Grünen. Beide Parteien handelten nach dem Motto: "Alles, was dem Wahlkampf nutzt, ist richtig. Erst die Partei, dann das Land."

In einer ersten siebenwöchigen Verhandlungsrunde der Vermittler von Bundestag und Bundesrat hatten sich die Vertreter der schwarz-gelben Koalition und der Opposition nicht auf eine Neuregelung verständigen können. Im Bundesrat war das Gesetzespaket im Dezember am Widerstand von SPD, Grünen und Linke gescheitert. Inzwischen hat die Regierung vor allem beim Bildungspaket nachgebessert. So sollen davon auch Kinder von Wohngeldempfängern profitieren.

Das neue Vermittlungsverfahren zur Hartz-IV-Reform soll diesmal schnell zum Erfolg führen. Vertreter von CDU und SPD stellten am Wochenende eine Einigung binnen zwei Wochen in Aussicht. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sagte Spiegel-Online, er hoffe auf einen Abschluss der Verhandlungen noch im Februar.

(dapd)

In Kolumbien haben die linksgerichteten Farc-Rebellen erneut Geiseln freigelassen. Am Freitag übergaben die Rebellen den im Mai 2009 entführten Lokalpolitiker Armando Acuña sowie den ein Jahr später verschleppten Soldaten Henry López an eine Vermittlermission, wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mitteilte. Die Auftsändischen wollen so den Weg für Friedensgespräche ebnen.

Die beiden entlassenen Geiseln trafen an Bord einer Militärmaschine in der Hauptstadt Bogotá ein, wo ihre Familien sie in Empfang nahmen. Bereits vor drei Tagen hatte die FARC eine Geisel freigelassen, bis Sonntag sollen zwei weitere verschleppte Geiseln - ein Polizist und ein Soldat - ihre Freiheit wiedererlangen. Gegenleistungen fordern die Rebellen nicht. Es ist die erste derartige Geste der Farc seit dem Amtsantritt von Präsident Juan Manuel Santos im August 2010.

Die 1964 gegründete Guerilla der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (Farc) ist die bedeutendste Rebellenorganisation Kolumbiens. Ihr gehören nach Angaben der Regierung in Bogotá rund 7000 Kämpfer an, regierungsunabhängige Organisationen schätzen die Zahl der Farc-Kämpfer auf 10.000. In der Gewalt der FARC befinden sich nun noch mindestens 18 Soldaten und Polizisten. Zudem sollen die FARC und die ebenfalls linksgerichtete Rebellengruppe Nationale Befreiungsarmee (ELN) rund 100 Zivilisten in ihrer Gewalt haben.

(AFP)

Im südafghanischen Kandahar ist am Samstag das Polizeihauptquartier der Stadt angegriffen worden. Aus einem nahegelegenen Gebäude seien Schüsse auf das Hauptquartier abgegeben worden, sagte ein Sprecher der örtlichen Regierung. Es habe auch eine Explosion gegeben. Nato- und afghanische Soldaten kämpften gemeinsam, um die Angreifer zurückzuschlagen.

Nach Angaben der Taliban haben sechs ihrer Kämpfer die Polizeistation im Stadtzentrum unter Beschuss genommen. In der Stadt waren Schüsse und Explosionen zu hören. Sowohl die Nato-Truppen als auch afghanische Behörden bestritten die Behauptung der Taliban, dass bei dem Angriff Polizisten verletzt worden seien. Der Regierungssprecher konnte keine Angaben über Tote oder Verletzte machen.

Kandahar ist eine Hochburg der Taliban in Afghanistan. Den internationalen Truppen unter Führung der USA ist es bislang trotz einer großen Offensive nicht gelungen, die Aufständischen dort spürbar zu schwächen.

(AFP)

In Zusammenhang mit der Ermordung der ehemaligen Ministerpräsidentin Benazir Bhutto hat ein pakistanisches Gericht einen Haftbefehl gegen den früheren Militärmachthaber Pervez Musharraf erlassen. Laut einem Bericht des staatlichen Fernsehens habe der zuständige Richter Rana Nisar Ahmad Musharraf außerdem angewiesen, am 19. Februar vor Gericht zu erscheinen.

Bhutto war nach einer Wahlkampfkundgebung im Dezember 2007 bei einem Attentat in der Stadt Rawalpindi getötet worden. Im vergangenen April hatte eine UN-Kommission einen Bericht vorgelegt und der pakistanischen Regierung und den Behörden darin Versagen vorgeworfen. Der Mord an Bhutto hätte verhindert werden können, wäre ihr angemessener Schutz angeboten worden, hieß es in dem Bericht. Auch viele ihrer Anhänger werfen Musharraf vor, nicht ausreichend für Bhuttos Schutz gesorgt zu haben.

Musharraf lebt seit mehr als zwei Jahren in London. Sein Sprecher Saif Ali Khan sagte einem Fernsehsender, Musharraf werde sich "zu angemessener Zeit" vor Gericht verteidigen. Die genauen Vorwürfe gegen den Ex-Präsidenten wurden nicht mitgeteilt.

Nach ihrer Ermordung gewann Bhuttos Volkspartei die Parlamentswahl im Februar 2008. Monate später zwang die Partei Musharraf zum Rücktritt, indem sie mit einem Amtsenthebungsverfahren drohte. Im gleichen Jahr verließ er das Land und tritt seitdem als Redner auf. Neuer pakistanischer Präsident ist Asif Ali Zardari, Bhuttos Witwer. Wie Musharraf gilt er als Verbündeter der USA und unterstützt den Kampf gegen den Terrorismus.

(dpa)

Bei einem Selbstmordanschlag auf schiitische Pilger im Irak sind am Samstag 38 Menschen getötet worden. Dutzende weitere Menschen seien bei dem Attentat nahe der Stadt Samarra verletzt worden, teilte die Polizei mit. Der Attentäter habe seinen Sprengsatz in der Nähe eines Busbahnhofs gezündet, in dem sich zahlreiche Pilger aufgehalten hätten. Schiitische Pilger sind in den vergangenen Jahren wiederholt zum Ziel von Anschlägen sunnitischer Extremisten geworden. Auch acht Jahre nach dem Sturz des sunnitischen Machthabers Saddam Hussein durch US-geführte Truppen sind sie immer noch in der Lage, folgenschwere Attentate auszuführen. Am Donnerstag wurden acht Menschen bei einem Selbstmordanschlag auf schiitische Pilger getötet, sie sich auf dem Weg zu einem religiösen Fest nach Samarra befanden.

(Reuters)

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