Politik kompakt:Von der Leyen plant große Hartz-IV-Reform

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Die Entwicklung der Hartz IV-Bezüge soll sich nach Wunsch der Bundessozialministerin bald an Nettolöhnen und Inflation orientieren, anstatt wie bisher an der Rente. Das würde eine Anhebung der Bezüge bedeuten.

Die Kurzmeldungen im Überblick

Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) plant bei der notwendigen Hartz-IV-Reform tiefgreifende Korrekturen. Wie der Spiegel berichtet, könnten dadurch die Bezüge für Langzeitarbeitslose und Sozialfälle steigen. Die bisherige Kopplung der Sätze an die Rentenentwicklung soll demnach aufgegeben werden. Wie sich die Bezüge in Zukunft entwickeln, werde nach den Plänen des Sozialministeriums je zur Hälfte von der Entwicklung der Nettolöhne und der Inflation abhängen.

Plant eine große Reform der Hartz-IV-Bezüge: Bundessozialministerin Ursula von der Leyen. (Foto: dpa)

Das Ministerium geht laut Spiegel davon aus, dass die Hartz-IV-Sätze so künftig stärker steigen werden als die Renten. Ein Ministeriumssprecher sagte am Samstag, aktuell genannte Zahlen oder Tendenzen seien "verfrüht und reine Spekulation". Die Berechnung der neuen Regelsätze werde erst im Herbst abgeschlossen. "Es gibt bis dato keine Festlegungen." Das Gesetz soll zum Jahreswechsel in Kraft treten.

Hintergrund der geplanten Neuregelung ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Die Richter hatten Anfang Februar entschieden, dass die Bundesregierung die Regelsätze für alle gut 6,5 Millionen Hartz-IV-Bezieher neu berechnen muss. Die Methode sei nicht nachvollziehbar, die Kalkulation intransparent und realitätsfern. Besonders die 1,7 Millionen Kinder in Hartz-IV-Familien sollten bessergestellt werden. Die Richter rügten, dass Ausgaben für Bildung und das gesellschaftliche Leben ausgeklammert sind. Die Höhe der Regelsätze wurde allerdings nicht beanstandet.

Ob es tatsächlich mehr Geld geben wird, wird sich nach Angaben des Ministeriums frühestens im Herbst zeigen, wenn die neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes ausgewertet ist. Der Spiegel berichtet, vorläufige Berechnungen deuteten darauf hin, dass der Regelsatz von derzeit 359 Euro im Monat für einen allein stehenden Erwachsenen zu niedrig ist. Es zeichne sich ab, dass der Satz bei einem Betrag von bis zu 400 Euro liegen müsse.

(dpa)

Weil die Lastwagenfahrer streiken, soll Griechenlands Militär die Versorgung des Landes sicherstellen, die FARC-Rebellen bieten dem neuen Präsidenten Kolumbiens Gespräche an - lesen Sie weitere Kurzmeldungen auf den folgenden Seiten.

Nach tagelangem Streik der griechischen Tank- und Lastwagenbesitzer hat sich am Samstag die Situation im Lande nur leicht verbessert. Das Militär sollte die Versorgung von Krankenhäusern, staatlichen Behörden, Elektrizitätswerken und anderen für die Wirtschaft wichtigen Bereichen übernehmen. Die Marine sollte abgelegene Inseln versorgen. Dies beschlossen die zuständigen Minister am Freitagabend bei einer Sitzung in Athen angesichts der immer schlechter werdenden Versorgungslage im Lande.

In Athen hatten etwa 15 Prozent der Tankstellen Treibstoff. Auf den Touristeninseln Rhodos, Paros, Naxos und Chios hatte sich die Situation erheblich verbessert, berichtete der staatliche Rundfunk. Dagegen gab es noch erhebliche Probleme in Nordgriechenland und vor allem auf der touristischen Halbinsel Chalkidiki sowie in einigen Regionen der Insel Kreta. In der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki kam es am Freitagabend zu Auseinandersetzungen zwischen streikenden Lastwagenbesitzern und der Polizei. Mindestens zwei Menschen wurden verletzt.

Hunderte Urlauber ließen nach Medienberichten ihre Mietautos stehen, weil ihnen der Treibstoff ausgegangen war. Die Lastwagenbesitzer protestieren seit Montag gegen einen geplantes Gesetz der Regierung, wonach jeder Besitzer eines Lkw- Führerscheins als Lastwagenfahrer arbeiten darf. Zudem soll die Ausgabe neuer Lizenzen in den nächsten drei Jahren stufenweise abgeschafft werden. Je nach Größe des Wagens kosteten Lizenzen bisher bis zu 300 000 Euro.

(dpa)

Die kolumbianischen FARC-Rebellen haben dem gewählten Präsidenten Juan Manuel Santos Gespräche über ein Ende des vor 46 Jahren begonnenen bewaffneten Kampfes angeboten. "Wir sind überzeugt, dass Kolumbien den Bürgerkrieg überwinden kann, wenn wir einen Weg zu gemeinsamen Gesprächen finden und damit die Aussicht auf eine Zukunft eröffnen, in der wir uns als Kolumbianer nicht mehr gegenseitig umbringen", sagte der FARC-Chef "Alfonso Cano" in einer am Freitag (Ortszeit) im Internet veröffentlichten Videoaufnahme.

"Cano", der mit bürgerlichem Namen Guillermo Sáenz heiß, betonte, es müsse es bei solchen Gesprächen um eine "gerechte Gesellschaftsordnung unter sozialistischem Vorzeichen" gehen. Sollte die "Oligarchie" weiterhin gegen eine solche Umwälzung in Kolumbien sein, dann werde "der revolutionäre Kampf fortgesetzt".

Die wiederholten Ankündigungen der Regierung des Präsidenten Alvaro Uribe, die FARC stünden kurz vor dem Zusammenbruch, bezeichnete er als "Lüge". Die Zahl der Rebellen fiel nach Angaben der Regierung von 20 000 zum Beginn der Amtszeit von Uribe 2002 durch Verluste bei Kämpfen, Gefangennahme sowie Fahnenflucht auf jetzt nur noch 8000.

Unterdessen zieht der Präsident des Nachbarlandes Venezuela, Hugo Chavez, angesichts der Spannungen mit Kolumbien militärische Einheiten an der gemeinsamen Grenze zusammengezogen. Chavez nannte am Freitag keine Einzelheiten zu den Stationierungen, sondern erklärte lediglich, er sei traurig darüber, stundenlang Kriegspläne bewerten zu müssen. Er sagte jedoch auch, er wünsche sich Frieden und hoffe, nach der Amtsübernahme des neuen kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos Gespräche mit der dortigen Regierung führen zu können.

Die Lage zwischen den beiden Nachbarstaaten ist gespannt, seit Kolumbien in der vergangenen Woche mit Fotos, Videos und Karten nachzuweisen versuchte, dass Venezuela die Rebellengruppe FARC auf seinem Territorium duldet. Daraufhin brach Venezuela die diplomatischen Beziehungen mit Kolumbien ab.

(dpa)

US-Präsident Barack Obama hat den Iran aufgefordert, drei seit einem Jahr festgehaltene US-Bürger sofort freizulassen. Sie hätten kein Verbrechen begangen und ihre Haft verstoße gegen die internationale Menschenrechtskonvention, sagte Obama am Freitag in Washington.

Der US-Präsident betonte, Shane Bauer, Sarah Shourd und Josh Fattal hätten niemals für die US-Regierung gearbeitet. "Ihre ungerechte Festnahme hat nichts zu tun mit den Themen, die die USA und die internationale Gemeinschaft von der iranischen Regierung trennen." Die USA und andere Staaten werfen dem Iran vor, unter dem Deckmantel der Energiegewinnung nach Atomwaffen zu streben. Der Iran weist das zurück.

Die drei US-Bürger waren vor genau einem Jahr beim Wandern im Nordirak wegen illegalen Grenzübertritts in den Iran festgenommen worden. Die Mütter der drei Inhaftierten hatten ihre Kinder im Mai besucht. Sie sagten, sie würden gut behandelt, hätten aber keinen Zugang zu einem Rechtsanwalt.

(rtr)

Der UN-Sicherheitsrat hat das Mandat der Friedenstruppen in der sudanesischen Unruheprovinz Darfur um ein Jahr verlängert und ein Ende der Gewalt gefordert. Die Friedenstruppen müssten dem Schutz der Zivilbevölkerung Vorrang einräumen, heißt es in einer am Freitag in New York einstimmig verabschiedeten Resolution. Sie müssten dafür sorgen, dass Hilfslieferungen sicher, rechtzeitig und ungehindert zu den rund zwei Millionen Flüchtlingen kommen.

Der Sicherheitsrat forderte zudem die Regierung in Khartum auf, damit aufzuhören, die Arbeit der UNAMID, der gemeinsamen Truppen von UN und Afrikanischer Union, zu behindern. Der UNAMID gehören knapp 22.000 Soldaten und Polizisten an. Seit Beginn des Bürgerkrieges in Darfur 2003 wurden nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UN) bis zu 300.000 Menschen getötet. Rebellen werfen der Zentralregierung vor, die Region zu benachteiligen. Die Regierung in Khartum geht von rund 10.000 Todesopfern aus. Die Friedensgespräche in Katar zwischen der Regierung und Rebellen machen wenig Fortschritte, zumal die beiden wichtigsten Rebellengruppen nicht teilnehmen.

(rtr)

Der Kriminologe Christian Pfeiffer begrüßt die Pläne des Bundesjustizministeriums, elektronische Fußfesseln einzuführen für möglicherweise gefährliche Täter, die aus der Haft entlassen werden müssen. Das Vorhaben von Ministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sei eine zulässige Verschärfung der sogenannten Führungsaufsicht für Fälle mit besonderen Gefährdungslagen, sagte der Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen der Neuen Presse aus Hannover.

"Es reduziert die Gefährlichkeit des Täters drastisch." Die Gesetzesänderung wird nötig, weil nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg vom vergangenen Dezember mehrere Täter, die ihre Strafe bereits verbüßt haben, aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden müssen. Die Union lehnt die von Leutheusser-Schnarrenberger geplante Abschaffung der nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ab - sie will dieses Instrument statt durch elektronische Fußfesseln durch eine anders gestaltete Art der geschlossenen Unterbringung ersetzen.

Leutheussers Staatssekretär Max Stadler (FDP) argumentierte, die Reform werde für mehr Sicherheit sorgen. "Wir wollen die Möglichkeit deutlich ausweiten, in einem Strafurteil die Sicherungsverwahrung vorzubehalten und später dann die endgültige Entscheidung zu treffen. Damit werden die kritischen Fälle frühzeitig erfasst", sagte er der Passauer Neuen Presse. Die nachträgliche Sicherungsverwahrung dagegen berge "erhebliche verfassungsrechtliche Risiken" und habe "zu großen Unsicherheiten in der Praxis geführt".

(dpa)

Sieben Wochen nach den Wahlen in den Niederlanden zeichnet sich eine rechte Minderheitsregierung unter Tolerierung der Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders ab. Nach ersten Sondierungen wollen die Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD), der Christdemokratische Appell (CDA) und De Wilders Partei für Freiheit (PVV) Gespräche aufnehmen.

Man sehe "Perspektiven für eine solche Regierung", sagte Mark Rutte von der VVD. Das berichtete die niederländische Nachrichtenagentur ANP am Freitagabend. Eine Mitte-Rechtskoalition von VVD und der CDA käme mit De Wilders PVV auf 76 Mandate und hätte damit nur eine hauchdünne Mehrheit. Die Parlamentswahlen am 9. Juni hatten keine klare Mehrheit für eines der politischen Lager erbracht. Gespräche über die Bildung einer Koalition aus Rechtsliberalen, Sozialdemokraten, Grün-Linken und Linksliberalen waren gescheitert.

In einer gemeinsamen Erklärung schrieben die drei Parteien am Freitagabend, dass sie in der Bewertung des Islam unterschiedlicher Auffassung seien. Dies würden sie akzeptieren. Vor den Gesprächen mit Wilders hatten CDA und VVD zur Bedingung für seine Regierungsbeteiligung gemacht, dass er von besonders extremen Forderungen wie Schließung von Moscheen und Kopftuchverbot Abstand nehmen müsse. Die CDA hatte bis vor kurzem Sondierungsgespräche mit Wilders noch abgelehnt. Als wahrscheinlicher neuer Ministerpräsident gilt nach wie vor VVD- Chef Mark Rutte (43). Regierungsbildung ziehen sich in den Niederlanden traditionell in die Länge. Seit 1946 dauerten sie im Durchschnitt 87 Tage.

(dpa)

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