Politik kompakt:Frankreich droht EU-Strafe wegen Roma-Abschiebung

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Nach der Abschiebung Tausender Roma fordert die EU-Kommissarin Viviane Reding ein Strafverfahren gegen Frankreich. Kurzmeldungen im Überblick

Im Streit um die Ausweisung von Roma greift die EU-Kommission Frankreich nun direkt an. EU-Justizkommissarin Viviane Reding sagte am Dienstag in Brüssel, die Kommission bereite zwei Verfahren wegen Verletzung des EU-Vertrages vor. Eine Entscheidung solle in den nächsten zwei Wochen fallen.

Sinti und Roma demonstrieren in Bukarest gegen die Abschiebung Tausender von Roma aus Frankreich. (Foto: dpa)

EU-Justizkommissarin Viviane Reding warf der französischen Regierung vor, mit ihrer Abschiebepolitik die ethnische Minderheit der Roma zu diskriminieren und damit gegen die europäischen Grundrechte zu verstoßen. Dies sei eine Schande, sagte Reding.

Die EU-Kommission betrachtet das Vorgehen Frankreichs außerdem als Verstoß gegen das im EU-Vertrag verankerte Recht auf Bewegungsfreiheit der EU-Bürger in der Union.

"Meine Geduld ist am Ende - genug ist genug", sagte Reding. "Ich bin entsetzt darüber, dass der Eindruck entsteht, Menschen werden eines Landes nur verwiesen, weil sie eine ethnische Minderheit sind - ich dachte nicht, das wir das noch einmal erleben müssen nach dem Zweiten Weltkrieg."

Frankreich hat in den vergangenen Wochen Tausende von Roma aus den EU-Staaten Rumänien und Bulgarien in ihre Heimatländer ausgewiesen mit der Begründung, dies sei nach EU-Recht möglich, wenn jemand nach drei Monaten Aufenthalt weder einen Wohnsitz noch eine feste Arbeit nachweisen könne.

(dpa/Reuters)

Der geschasste Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin verteidigt seine hohe Pension, Japan bleibt ein erneuter Wechsel an der Spitze der Regierung erspart und Umweltschützer verklagen das Land Schleswig-Holstein: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Thilo Sarrazin hat die Erhöhung seiner Pension als Gegenleistung für seinen Rückzug aus der Bundesbank verteidigt. "Ich habe Anspruch auf genau die Pension, die ich bekommen hätte, wenn ich regulär bis zum 30. April 2014 im Amt geblieben wäre", sagte der SPD-Politiker der Bild-Zeitung. "Formal könnte ich mich auf den Standpunkt stellen: Meine Arbeit war unerwünscht, aber ich habe nichts falsch gemacht - deshalb stehen mir die vollen Vorstandsbezüge bis 2014 zu. Hunderttausende Euro." Das aber habe er nicht verlangt.

Der frühere Berliner Finanzsenator hat laut Spiegel als Gegenleistung für seinen Abschied von der Notenbank durchgesetzt, dass seine monatliche Pension um 1000 Euro angehoben wird. Sie hat nun das Niveau, das ihm erst beim regulären Abschied 2014 zugestanden hätte. Dem Focus zufolge ist der 65-Jährige voll pensionsberechtigt und bekommt ab Oktober eine monatliche Altersversorgung von etwa 10.000 Euro. Diese decke auch seine früher erworbenen Ansprüche als Berliner Finanzsenator, Staatssekretär in Rheinland-Pfalz und Beamter im Bundesfinanzministerium ab.

In dem Interview hat Thilo Sarrazin es außerdem abgelehnt, freiwillig aus der SPD auszutreten. "Ich bin 1973 aus Überzeugung in die SPD eingetreten und an meiner Überzeugung hat sich nichts geändert", sagte er. Auf die Reaktionen der Berliner SPD angesprochen sagte Sarrazin: "Bei der Führung registriere ich vollständiges Schweigen.

Am 25. August schickte mir der SPD-Landeschef Michael Müller nur einen recht emotionalen Brief und forderte mich zum Austritt auf." Er habe geantwortet, sobald Müller das Buch gelesen habe, sei er "gern zu einem Gespräch über seinen Inhalt bereit". Später sei ihm erklärt worden, "der Dialog mit mir habe sowieso keinen Sinn".

(dpa/AFP)

Den Nahost-Friedensverhandlungen droht schon zwei Wochen nach dem Beginn das Scheitern. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas beharrte beim zweiten Treffen mit Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auf einem Baustopp für die jüdischen Siedlungen im Westjordanland. Die israelische Seite erklärte jedoch am Dienstag in Ägypten, sie wolle ihr zehnmonatiges Moratorium für den Siedlungsbau, das Ende September endet, nicht verlängern.

Ein Berater von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, sagte vor Reportern in dem ägyptischen Ferienort Scharm-el-Scheich: "Der Bau der Siedlungen ist seit (dem Beginn der Verhandlungen mit den Palästinensern) 1993 immer fortgesetzt worden, und trotzdem wurde verhandelt." Er verstehe deshalb nicht, weshalb Abbas nun mit dem Abbruch der neuen Verhandlungen drohe, falls Israel weiter Siedlungen bauen sollte.

Ein Mitglied der Delegation von Abbas erklärte dagegen, der Siedlungsbau sei "das Schlüsselthema" dieser Verhandlungen. "Es ist ein Test, der uns zeigen wird, ob sie es mit dem Friedensprozess wirklich ernst meinen."

Die Konfliktparteien wollten sich am Mittwoch in Jerusalem erneut beraten.

(dpa)

Japan bleibt ein erneuter Wechsel an der Regierungsspitze erspart: Ministerpräsident Naoto Kan wurde am Dienstag als Vorsitzender der regierenden Demokratischen Partei DPJ wiedergewählt und kann damit als Premier weiterregieren. Er setzte sich bei einer Kampfabstimmung gegen seinen Herausforderer Ichiro Ozawa durch.

Der seit etwa drei Monaten amtierende Kan hatte im Volk stark an Unterstützung eingebüßt, nachdem er sich kurz vor einer Oberhauswahl für die Erhöhung der Mehrwertsteuer ausgesprochen hatte. Prompt verlor seine Partei bei der Wahl im Juli ihre Mehrheit in der zweiten Parlamentskammer. Damit ist das Regieren für Kan, der fünfte Premier in nur vier Jahren, äußerst schwer.

Da jedoch erst 2013 wieder Parlamentswahlen anstehen, bietet Kanas Bestätigung im Amt nach Ansicht von Beobachtern die Möglichkeit für eine gewisse politische Stabilität. Diese habe Japan dringend nötig angesichts gewaltiger Herausforderungen wie der wirtschaftlichen Stagnation, Deflation, extrem hoher Staatsverschuldung und der Überalterung der Bevölkerung.

(dpa)

Bei einem Anschlag in der nordafghanischen Provinz Kundus ist am Dienstag ein Bundeswehrsoldat verletzt worden. Der Mann werde im deutschen Feldlager in Kundus behandelt, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam. Nach seinen Angaben erlitt der Mann leichte Verletzungen.

Zu dem Zwischenfall kam es etwa elf Kilometer nordwestlich des Lagers nahe einer Brücke. Die Taliban bekannten sich zu dem Anschlag. Der Gouverneur des Unruhedistrikts Char Darah, Abdul Wahid Omarchel, sagte der Nachrichtenagentur dpa, Bundeswehrsoldaten hätten eine reparaturbedürftige Brücke inspiziert, als ein Sprengsatz ferngezündet worden sei. In Char Darah wurden in der Vergangenheit zahlreiche Anschläge auf die Bundeswehr verübt. Am Karfreitag waren dort drei deutsche Soldaten in einem Hinterhalt getötet worden.

(dpa)

Die Umweltorganisation Greenpeace und Anwohner des Kernkraftwerks Krümmel haben die Atomaufsicht Schleswig-Holstein verklagt. Das für die Atomaufsicht zuständige Justizministerium in Kiel habe nicht fristgerecht auf den Antrag auf Widerruf der Betriebsgenehmigung reagiert. Deshalb sei beim Oberverwaltungsgericht Schleswig eine Untätigkeitsklage eingereicht worden, bestätigte das Gericht am Dienstag eine Greenpeace-Mitteilung.

Gegen fünf weitere Atommeiler, die ebenfalls unzureichend gegen den Aufprall eines Flugzeugs geschützt seien, liefen bereits Klagen. Greenpeace zählte dazu: Biblis A und B, Brunsbüttel, Isar 1 und Philippsburg 1. Greenpeace forderte erneut, den 1983 in Betrieb genommenen Reaktor in Krümmel sofort endgültig stillzulegen. "Krümmel gehört zu den gefährlichsten Reaktoren Deutschlands", sagte Greenpeace-Atomexperte Tobias Riedl.

Gleichzeitig kritisierte er Pläne der schwarz-gelben Bundesregierung, die Klagemöglichkeiten gegen Atommeiler einzuschränken. Dem Regierungsentwurf für die Novelle des Atomgesetzes zufolge sollen Flugzeugabstürze künftig als erweitertes "Restrisiko" gelten. Eine Klagemöglichkeit für betroffene Dritte werde dabei ausgeschlossen. Nach Überzeugung von Greenpeace hebelt die Bundesregierung damit ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2008 aus, das einen Flugzeugabsturz nicht mehr als "Restrisiko" eingestuft habe.

Der Betreiber Vattenfall will Krümmel im nächsten Jahr wieder anfahren und durch den Atomkompromiss der schwarz-gelben Bundesregierung noch mehr als 20 Jahre lang laufen lassen.

(dpa)

Etwa eine Woche nach der Ankündigung einer Eta-Waffenruhe hat die spanische Polizei neun mutmaßliche Unterstützer der baskischen Untergrundorganisation gefasst. Die Festgenommenen gehörten dem politischen Apparat der Eta an, teilte das Innenministerium in Madrid mit. Sie wurden in der Nacht in mehreren Städten Nordspaniens sowie in Valencia gestellt.

Die Eta hatte am 5. September eine "Waffenruhe" verkündet. Die spanische Regierung betonte damals, dass dies jedoch nichts am Antiterrorkampf ändern werde und forderte die Organisation auf, der Gewalt endgültig abzuschwören. Die Eta kämpft seit mehr als 40 Jahren für ein unabhängiges Baskenland und hat in dieser Zeit fast 850 Menschen getötet.

(dpa)

Die FDP will Ausländern eine schnellere Einbürgerung ermöglichen. Wer sich vorbildlich in Deutschland eingliedere solle künftig bereits nach vier Jahren anstatt wie bisher nach acht Jahren eine Einbürgerung beantragen können, berichtete die Neue Osnabrücker Zeitung unter Berufung auf ein Positionspapier der Bundestagsfraktion.

Der FDP-Innenexperte Hartfrid Wolff sagte der Zeitung: "Die Möglichkeit der beschleunigten Einbürgerung ist ein wichtiges Signal der Offenheit und des Aufnahmewillens an alle Migranten." Damit werde ein Anreiz geschaffen, sich sprachlich und beruflich rasch zu integrieren. Angesichts des fortschreitenden Fachkräftemangels sei dies auch im deutschen Interesse.

Der integrationspolitische Sprecher der FDP, Serkan Tören, fordert zudem, mehr doppelte Staatsbürgerschaften zuzulassen. "Für viele Migranten ist es ein Riesenschritt, die Staatsangehörigkeit ihres Herkunftslandes aufzugeben", sagte er dem Blatt. Zudem sei nicht vermittelbar, warum Europäer eine doppelte Staatsbürgerschaft erhielten, andere Ausländer aber nicht.

(Reuters)

Bei einem Bombenanschlag auf einen Imam im Nordkaukasus ist der als gemäßigt geltende Vorsteher eines islamischen Gemeindezentrums lebensgefährlich verletzt worden. Der Sprengkörper detonierte unter dem Wagen des Mannes, wie die Behörden der Stadt Nasran in der russischen Teilrepublik Inguschetien nach Angaben der Agentur Interfax mitteilten. Der Imam soll in Ansprachen wiederholt Islamisten scharf verurteilt haben, die im Nordkaukasus gegen kremltreue Einheiten für eine Loslösung von Moskau kämpfen.

(dpa)

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