Politik kompakt:Irak: Koalitionsverhandlungen geplatzt

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Fünf Monate nach der Parlamentswahl ist im Irak der nächste Anlauf zu einer Regierungsbildung gescheitert. Der Amtsinhaber Maliki wirft Verhandlungspartner Allawi vor, sunnitische Klientelpolitik zu betreiben.

Kurzmeldungen im Überblick.

Fünf Monate nach der Parlamentswahl im Irak ist die Bildung einer neuen Regierung in noch weitere Ferne gerückt: Das Bündnis Irakija (Irakischer Block) des früheren Ministerpräsidenten Ijad Allawi brach die Koalitionsverhandlungen mit der Rechtsstaatsallianz von Regierungschef Nuri el Maliki ab, wie Allawis Sprecherin Maisun el Damaludschi am Montag in Bagdad sagte.

Verhandeln erfolglos über eine Koalition: Ex-Ministerpräsident Ijad Allawi und der derzeitige Amtsinhaber Nuri al-Maliki (rechts). (Foto: AFP)

Sie begründete den Schritt mit Äußerungen Malikis, der Allawis Wahlbündnis in einem Fernsehinterview vorgeworfen hatte, allein die Interessen der Sunniten im Land zu verfolgen. "Wir sind kein sunnitischer Block, wir sind ein nationales Projekt", sagte Damaludschi und forderte eine Entschuldigung des Ministerpräsidenten. "Ohne Entschuldigung werden wir nicht mehr verhandeln."

Zentraler Streitpunkt bei den Gesprächen zur Bildung einer Regierung war unter anderem die Frage gewesen, ob der Schiit Maliki oder der Sunnit Allawi künftig das Amt des Ministerpräsidenten übernimmt. Die Parlamentswahlen am 7. März hatten keiner politischen Gruppierung eine ausreichende Mehrheit gegeben, um alleine die Regierung zu bilden. Mit 91 Sitzen wurde Allawis Wahlbündnis stärkste Kraft im 325 Abgeordnete zählenden Parlament. Malikis Rechtsstaatsallianz errang 89 Sitze und bildete nach der Wahl mit der schiitischen Irakischen Nationalen Allianz (INA) ein Bündnis, das auf 159 Abgeordnete kommt.

Der UN-Sicherheitsrat hatte Anfang des Monats auf Fortschritte bei den Verhandlungen über eine Regierungsbildung in Bagdad gedrungen. Die USA wollen bis Ende August ihre Kampftruppen aus dem Irak vollständig abziehen. Nur 50.000 US-Soldaten sollen danach im Land bleiben, um sich an der Ausbildung der irakischen Armee zu beteiligen.

(dpa)

Wie der Afghanistan-Kommandeur Petraeus Obamas Termin für den Beginn des US-Truppenabzugs vom Hindukusch bewertet. Warum der israelische Ministerpräsident trotz Baustopp dem Ausbau mehrerer Siedlungsschulen zustimmt und der Fraktionschef der Grünen die Atomkonzerne in ihre Schranken weisen will: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmeldungen.

Knapp ein Jahr nach der Freilassung des Lockerbie- Attentäters Abdel Basset al-Megrahi und seiner Rückkehr nach Libyen wirft die spektakuläre Entscheidung neue Fragen auf.

Mehrere Zeitungen berichten von Ungereimtheiten in der medizinischen Beurteilung, auf dessen Grundlage die schottische Regierung den Krebskranken am 20. August 2009 freigelassen hatte. So will die Times erfahren haben, dass der schottische Gefängnisarzt in seinem Bericht eine wichtige Chemotherapie nicht miteinbezogen habe. Diese halte den Attentäter länger als gedacht am Leben, schrieb die Zeitung.

Al-Megrahi, der als einziger für das Attentat auf ein Passagierflugzeug der US-Airline PanAm über dem schottischen Ort Lockerbie im Jahr 1988 verurteilt wurde, war im vergangenen Jahr begnadigt worden, weil er angeblich nur noch drei Monate zu leben hatte. Das schottische Gesetz ermöglicht eine solche Regelung. Die britische Regierung ließ ihn daraufhin in seine Heimat Libyen zurückkehren, wo er wie ein Held empfangen wurde.

Bis heute lebt er dort bei seiner Familie. Er hatte die Tat stets bestritten. Bei dem Anschlag waren 270 Menschen getötet worden. Bereits am Sonntag hatte es Berichte gegeben, einige der in den Gutachten zitierten Ärzte hätten gar nicht gesagt, Al-Megrahi habe nur noch drei Monate zu leben. Durch die Spekulationen wächst nun auch der Druck auf die schottische Regierung, geheime Dokumente über den Gesundheitszustand des Attentäters vor seiner Freilassung zu veröffentlichen.

US-Senatoren schließen nicht aus, dass die Briten Al-Megrahi auf Druck des Ölkonzerns BP in seine Heimat zurückließen, um ein wichtiges Geschäft mit Libyen nicht zu gefährden. Sie wollen eine neue Untersuchung des Falls.

(dpa)

Einer der Anführer der griechischen Obristenjunta (1967-1974), Dimitrios Ioannidis, ist am Montag im Alter von 87 Jahren gestorben. Wie griechische Medien berichteten, starb er in einem Krankenhaus im Athener Vorort Nikaia an den Folgen einer Atemwegserkrankung.

Ioannidis war einer der Obristen, die die Demokratie in Griechenland am 21. April 1967 gestürzt hatten. Zunächst hatte sich Ioannidis im Hintergrund gehalten. Bis 1973 war er Chef der berüchtigten Militärpolizei (ESA), die hunderte Widerstandskämpfer folterte. Nach einem Studentenaufstand, der blutig niedergeschlagen wurde, übernahm er mit einem eigenen Putsch die Führung der Diktatur.

Ioannidis galt als Drahtzieher des Putsches griechischer Offiziere gegen Makarios, den damaligen Präsidenten Zyperns. Der Putsch vom 15. Juli 1974 führte zu einer türkischen Militärintervention, die die bis heute andauernde Teilung der Insel zur Folge hatte. Nach dem Sturz der griechischen Junta 1974 war Ioannidis von einem Sondergericht wegen Hochverrats zum Tode verurteilt worden. Die Strafe wurde später in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe umgewandelt.

Ioannidis hat sich stets geweigert, Reue zu zeigen und einen Antrag auf Begnadigung zu stellen, der ihm aufgrund seines hohen Alters möglicherweise die Freilassung gebracht hätte. Er verbüßte seine Strafe im Hochsicherheitsgefängnis von Korydallos nahe Piräus.

(dpa)

33 Jahre nach dem Mordanschlag auf Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seine Begleiter kommt die frühere RAF-Terroristin Verena Becker am 30. September vor Gericht. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat für den Prozess 17 Verhandlungstage bis zum 21. Dezember anberaumt, wie es am Montag mitteilte.

Die Bundesanwaltschaft wirft ihr Mittäterschaft an den Morden der Terrororganisation Rote-Armee-Fraktion vom 7. April 1977 vor. Damals hatten RAF-Täter in Karlsruhe Schüsse auf das Fahrzeug des Generalbundesanwalts abgegeben und den 57-jährigen Buback, seinen Fahrer und einen Justizbeamten getötet. Die Terroristen entkamen auf einem Motorrad. Zu der Tat bekannte sich das RAF-Kommando "Ulrike Meinhof". Wer die Schüsse abgab, ist bis heute ungeklärt. Christian Klar und Knut Folkerts wurden für die Morde an Buback und seinen beiden Begleiter verurteilt.

Das erste Ermittlungsverfahren gegen Becker war 1980 mangels Beweisen eingestellt worden. Die Ermittlungen gegen die inzwischen 58-Jährige kamen wieder in Gang, nachdem durch neue Untersuchungen ihre Speichelspuren an den Kuverts der alten RAF-Bekennerschreiben entdeckt wurden.

(APN)

Der Afghanistan-Kommandeur der Nato, David Petraeus, hat den Zeitpunkt für den Beginn des US-Truppenabzugs aus dem Land relativiert. Der von US-Präsident Barack Obama für Juli 2011 angekündigte Beginn des Rückzugs sei ein "Prozess und kein Ereignis" und zudem "an bestimmte Bedingungen gebunden", sagte Petraeus in einem am Sonntag ausgestrahlten Interview mit dem TV-Sender NBC.

Er betrachte dieses Datum daher nicht als zwingend. Vielmehr habe Obama diesen Zeitpunkt genannt, um auf die Dringlichkeit der Probleme in dem Land hinzuweisen, sagte Petraeus mit Blick auf die Macht der radikalislamischen Taliban. Er habe mit Obama eine "gute Diskussion" über das Thema gehabt, sagte der Kommandeur in seinem ersten TV-Interview seit seinem Amtsantritt im vergangenen Monat weiter.

Der Präsident habe ihm verdeutlicht, dass er von Petraeus die "besten militärischen Ratschläge" erwarte. Der Einsatz in Afghanistan wird in den USA immer unpopulärer und erfährt derzeit so wenig Unterstützung wie nie zuvor. Mit 66 getöteten Soldaten war der Juli zudem der bislang blutigste Monat für die US-Einsatzkräfte am Hindukusch.

(AFP)

Die Nato hat eingeräumt, dass bei Luftangriffen der Militärallianz im Süden Afghanistans versehentlich fünf Zivilisten getötet worden seien. Soldaten der internationalen Schutztruppe Isaf seien am Donnerstag in der Provinz Helmand von Aufständischen angegriffen worden und hätten daraufhin Unterstützung aus der Luft angefordert, erklärte die Isaf am Sonntag. Später seien vier verletzte und drei getötete Zivilisten an einem Kontrollpunkt abgelegt worden, zwei der Verletzten seien dann noch gestorben. Es gebe Beweise dafür, dass sich in einem von der Nato eschossenen Haus Zivilisten befunden hätten, hieß es weiter. Der "tragische Verlust von Menschenleben" werde bedauert.

(AFP)

Die US-Streitkräfte haben am Montag ihr zweites gemeinsames Großmanöver mit südkoreanischen Einheiten binnen eines Monats begonnen. In die elftägigen Übungen sind 56.000 südkoreanische sowie 30.000 in Südkorea und im Ausland stationierte amerikanische Soldaten eingebunden, wie das Verteidigungsministerium in Seoul mitteilte. Das Manöver mit dem Codenamen "Ulchi Freedom Guardian" findet inmitten erhöhter Spannungen auf der koreanischen Halbinsel statt. Nordkoreas Militär hatte am Sonntag mit strengsten militärischen Gegenmaßnahmen gedroht. Anders als die Seeübung Ende Juli, mit der beide Länder direkt auf die Versenkung eines südkoreanischen Kriegsschiffes reagierten, handelt es sich um ein jährlich stattfindendes Manöver. Im Mittelpunkt stehen computergestützte Simulationen eines Kriegs auf der geteilten Halbinsel. Bereits vor dem Seemanöver hatte Nordkorea vor einem "heiligen Krieg der Vergeltung" gewarnt.

(dpa)

Trotz eines geltenden Baustopps hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu dem Ausbau mehrerer Siedlungsschulen im Westjordanland zugestimmt. Wie israelische Medien am Sonntagabend berichteten, genehmigte er den Plan für die Errichtung von 23 in mobilen Wohncontainern untergebrachten Klassenräumen. Im November vergangenen Jahres hatte die israelische Regierung einen auf zehn Monate befristeten Baustopp für die jüdischen Siedlungen im Westjordanland verkündet, der noch bis Ende September läuft. Für die palästinensische Autonomiebehörde ist ein Baustopp in den besetzten Gebieten Voraussetzung für die Aufnahme direkter Friedensgespräche.

(dpa)

In der Debatte um die Sicherungsverwahrung hat der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, vor einer Überlastung der Polizei gewarnt. "Die ständige Überwachung ist mit unserem Personal dauerhaft nicht machbar und stellt uns vor unlösbare Probleme", sagte er der Bild-Zeitung. Mit der 24-Stunden- Überwachung eines einzelnen aus der Sicherungsverwahrung entlassenen gefährlichen Straftäters seien bis zu 25 Polizisten beschäftigt. "Wenn 300 Gefährder aus der Haft entlassen werden sollten, kostet die Überwachung den Staat bis zu 600 Millionen Euro", sagte Wendt. Auch Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) und sein bayrischer Kollege Joachim Herrmann (CSU) warnten vor zu großen Belastungen für die Polizei. "Eine solch hohe Zahl von gefährlichen Sexualstraftätern vor der Bevölkerung zu schützen, darf nicht auf dem Rücken der Polizei ausgetragen werden", sagte Schünemann der Zeitung.

(dpa)

Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin hat die Atomkraftwerk-Betreiber wegen der Forderung nach längeren Laufzeit für ihre Meiler scharf kritisiert. "Ich glaube, es ist höchste Zeit, die vier Energiekonzerne in ihre Schranken zu verweisen", sagte er der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. "Sie haben unterschrieben, dass ihre Atomkraftwerke nur 32 Jahre lang laufen. Wer glaubt, den Staat kaufen oder erpressen zu können, um davon los zu kommen, der scheint, in einer anderen Welt zu leben. Wir sind eine Demokratie und ein Rechtsstaat." Trittin bekräftigte die Ankündigung seiner Partei, nach Karlsruhe zu gehen, falls die schwarz-gelbe Bundesregierung die Laufzeiten am Bundesrat vorbei verlängern will. "Ich wünsche viel Vergnügen bei diesem Versuch, das Atomausstiegsgesetz ohne den Bundesrat zu ändern. Das landet mit Sicherheit vor dem Bundesverfassungsgericht."

(dpa)

Der Iran will internationalen Sanktionen zum Trotz eine neue Anlage zur Urananreicherung bauen. Mit dem Bau solle bis März kommenden Jahres begonnen werden, sagte der Chef der iranischen Atomenergiebehörde, Ali Akbar Salehi, am Montag im iranischen Staatsfernsehen. Demnach plant Teheran insgesamt zehn neue Atomanlagen. Wo sie stehen sollen, teilte Salehi nicht mit. Das Land besitzt bereits zwei Anlagen zur Urananreicherung - eine größere in Natans und eine kleinere nahe der Stadt Kom. Der Iran benötigt nach eigenen Angaben insgesamt 20 Anlagen zur Urananreicherung, um die Stromversorgung im Land für die nächsten 15 Jahre zu sichern. Erst im Juli hatten die USA und die EU weitergehende Sanktionen gegen den Iran verhängt, weil Teheran sich weigert, seine Urananreicherung einzustellen. Die iranische Regierung weist internationale Vorwürfe zurück, sie strebe den Bau von Atomwaffen an.

(AP)

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