Politik kompakt:Mutmaßlichem NS-Verbrecher droht Auslieferung

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Die australische Justiz will einen mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher nach Ungarn ausliefern und rollt seinen Fall neu auf.

Meldungen im Überblick.

Einem mutmaßlichen NS-Kriegsverbrecher in Australien droht womöglich doch die Auslieferung nach Ungarn. Die Familie des heute 89-jährigen Charles Zentai zeigte sich von der Entscheidung der australischen Regierung enttäuscht, die einen neuen Prozess um dessen Auslieferung anstrebt.

Es schien, als sei seine Auslieferung nach Ungarn in weite Ferne gerückt. Doch jetzt will die australische Justiz den Fall des mutmaßlichen NS-Verbrechers Charles Zentai neu aufrollen. (Foto: AFP)

Ein australisches Gericht hatte im Sommer ein fünf Jahre langes juristisches Tauziehen beendet und eine Überstellung von Zentai abgelehnt. Gegen diese Entscheidung geht die Regierung nun in Berufung. "Wir hatten gehofft, dass diese Angelegenheit erledigt ist und deshalb ist es eine große Enttäuschung", sagte Zentais Sohn Ernie Steiner dem Rundfunksender ABC. Sein Vater habe immer seine Unschuld beteuert, er sei aber bereit, ungarischen Beamten in Australien Fragen zu beantworten, sagte Steiner. Zentai lebt seit sechs Jahrzehnten in Australien und hat die australische Staatsbürgerschaft.

Dem 89-Jährigen wird vorgeworfen, als Mitglied der mit Hitler verbündeten ungarischen Armee 1944 einen 18-jährigen Juden gefoltert und getötet zu haben, weil dieser keinen David-Stern trug. Das Simon-Wiesenthal-Zentrum begrüßte die Entscheidung der australischen Regierung und erklärte, dass ein ungarisches Gericht schnellstmöglich über das Schicksal Zentais entscheiden müsse. Wann in Australien der Berufungsprozess um die Auslieferung beginnt, steht noch nicht fest.

(AFP)

Bei einem Anschlag auf die Französische Botschaft in Mali sind zwei Menschen verletzt worden, Ungarn lenkt bei seinem umstrittenen Mediengesetz ein und afghanische Sicherheitskräfte vereiteln einen Anschlag auf den Vizepräsidenten: Lesen Sie auf den nächsten Seiten weitere Kurzmitteilungen.

Bei einem Sprengstoffanschlag auf die französische Botschaft in Mali sind am Mittwochabend zwei Menschen verletzt worden. Wie die Nachrichtenagentur AFP aus Sicherheitskreisen erfuhr, warf ein Mann einen Sprengsatz vor die diplomatische Vertretung in der malischen Hauptstadt Bamako. Bei der Explosion wurden demnach zwei Malier verletzt. Der Mann sei festgenommen worden und werde derzeit verhört, hieß es weiter.

Die Wucht der Explosion schien allerdings nicht sehr groß gewesen zu sein und nur geringe Schäden an einem äußeren Tor des Botschaftsgeländes angerichtet zu haben. Die Sicherheitsvorkehrungen um die Botschaft in dem westafrikanischen Staat wurden erheblich verstärkt. Mali ist eine ehemalige französische Kolonie und eines der Länder, in denen die Al-Kaida aktiv ist.

(AFP)

Im Konflikt mit der EU um das umstrittene neue Mediengesetz hat die ungarische Regierung erstmals Gesprächsbereitschaft signalisiert. "Wir sind bereit zu kooperieren und alle notwendigen Erklärungen zu liefern", sagte Außenminister Janos Martonyi. Auf die Frage, ob Ungarn bereit sei, das Gesetz unter dem Druck der EU abzuändern, sagte der Minister: "Es ist verfrüht, das zu sagen, so weit sind wir noch nicht. Wir werden die Stellungnahme und Kritik der EU-Kommission abwarten und dann entscheiden, was zu tun ist."

Seine Regierung gehe davon aus, dass die "Missverständnisse" nun ausgeräumt würden. Die ungarische Regierung habe die Übersetzung des Gesetzestextes an die EU-Kommission nach Brüssel geschickt und warte nun ab. "Das Weiseste, was wir in dieser hitzigen Debatte tun können, ist auf die Untersuchung der Kommission zu warten", sagte Martonyi weiter. Die Prüfung könnte nach EU-Angaben mehrere Monate dauern. Zuvor hatte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso die "Zweifel" seiner Behörde an der Vereinbarkeit des neuen ungarischen Mediengesetzes mit dem EU-Recht bekräftigt und Regierungschef Viktor Orban zu einer "Klärung" aufgefordert.

Die Kommission prüft, ob das im Dezember beschlossene Mediengesetz die Pressefreiheit unerlaubt einschränkt. Das Gesetz war unter anderem wegen der Schaffung einer Kontrollbehörde, in der ausschließlich Parteigänger des rechtskonservativen Orban tätig sind, von anderen EU-Regierungen scharf kritisiert worden.

(dpa)

Israel hat nach Angaben von US-Diplomaten vor der blutigen Gaza-Offensive Ende 2008 versucht, die wirtschaftliche Situation in dem Palästinensergebiet "auf niedrigstem Niveau" zu halten, ohne allerdings eine humanitäre Krise auszulösen. Das berichtete die norwegische Tageszeitung Aftenposten unter Berufung auf das Internetportal Wikileaks, das viele tausend Depeschen von US-Diplomaten öffentlich gemacht hat.

Demnach hatten die USA Sorge über diese Strategie Israels geäußert. Washington befürchtete, dass damit die radikalislamische Hamas im Gazastreifen nur noch weiteren Zulauf bekomme. Man habe Israel vergeblich zu überzeugen versucht, die Blockade des Gazastreifens zu lockern und mehr Bargeld in dem Palästinensergebiet zirkulieren zu lassen. Die diplomatischen Berichte, die Wikileaks jetzt veröffentlicht hat, stammen aus dem Herbst 2008, also aus der Zeit vor der blutigen Gaza-Offensive Israels vor zwei Jahren.

Erst Mitte Juni 2010 hat Israel dann nach internationalem Druck die Sanktionen gelockert. Vorausgegangen war ein blutiger Zwischenfall auf einem internationalen Hilfsschiff für die 1,5 Millionen Menschen im Gazastreifen. Israelische Soldaten töteten bei der gewaltsamen Übernahme des türkischen Schiffes Mavi Marmara neun pro-palästinensische Aktivisten.

(dpa)

Der radikale irakische Schiitenprediger Moktada Sadr ist nach vier Jahren in sein Heimatland zurückgekehrt. Wie ein AFP-Reporter berichtete, begab sich Sadr am Mittwoch in der Stadt Nadschaf unter dem Jubel seiner Anhänger in das Imam-Ali-Mausoleum, eines der wichtigsten schiitischen Heiligtümer.

Sadr gilt als entschiedener Gegner der US-Präsenz im Irak und ist bei vielen Schiiten des Landes sehr beliebt. Mit Bekanntwerden von Sadrs Rückkehr versammelten sich hunderte seiner Bewunderer zu seiner Begrüßung in der den Schiiten heiligen Stadt Nadschaf, in dem sich sein Haus befindet. Sadr sei nicht nur zu einem Besuch in die Stadt gereist, sondern wolle dauerhaft bleiben, verlautete aus seinem Umfeld. Im Anschluss an den Besuch in der Moschee wollte er den Großayatollah Ali Sistani aufsuchen, den einflussreichsten schiitischen Würdenträger im Irak.

2004 hatte Sadr von Nadschaf aus zwei blutige Aufstände gegen die US-Truppen gestartet, in deren Verlauf hunderte seiner Gefolgsleute starben. Nach Angaben seiner Bewegung hielt sich Sadr seit Ende 2006 zu religiösen Studien im Iran auf. Er war lange Zeit Chef der 60.000 Mann starken Mahdi-Miliz, erklärte sein militärisches Engagement jedoch im August 2008 für beendet.

(AFP)

Afghanische Sicherheitskräfte haben nach eigenen Angaben einen Anschlag auf Vizepräsident Mohammad Kasim Fahim vereitelt. Sieben Personen seien festgenommen worden, sagte ein Sprecher. Fünf von ihnen hätten das Attentat auf das Wohnhaus Fahims geplant. Die Täter seien bereits vor 20 Tagen festgenommen worden, unmittelbar vor der geplanten Ausführung des Anschlags.

Die zwei anderen Inhaftierten sind den Angaben zufolge Mitglieder eines militanten Netzes mit dem Namen Hakkani. Es operiere von Pakistan aus und habe Verbindungen zur al-Qaida, sagte der Sprecher. Sie hätten Anschläge auf den Präsidentenpalast und andere Einrichtungen in Kabul vorbereitet.

Unterdessen lobte der Kommandeur der internationalen Schutztruppe in Afghanistan, General David Petraeus, die Fortschritte beim Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte. Die Nato sei hier dem Zeitplan deutlich voraus, sagte Petraeus der Rheinischen Post.

(dapd/Reuters)

In Venezuela ist am Mittwoch der neue Kongress zu seiner ersten Sitzung der Legislaturperiode zusammengekommen. Damit hat die politische Opposition gegen Präsident Hugo Chavez zum ersten Mal seit Jahren wieder eine Plattform, von der aus sie den Präsidenten herausfordern kann.

67 der 165 Mandate werden von Oppositionspolitikern gehalten - womit die Chavez-Anhänger nicht länger die Zweidrittelmehrheit haben, die für einige Gesetzesänderungen und die Ernennungen von Richtern am Obersten Gericht des Landes notwendig sind.

Allerdings hat der Kongress nur noch geringe politische Macht, da die Chavez treuen Abgeordneten kurz vor Ende der vergangenen Legislaturperiode den Präsidenten dazu ermächtigt haben, Gesetze per Dekret zu erlassen. Die Oppositionsparteien hatten die Wahlen 2005 boykottiert, weshalb in der abgelaufenen Legislaturperiode fast nur Unterstützer des Präsidenten im Parlament saßen.

(dapd)

Die Sicherheitskräfte in Marokko haben nach eigenen Angaben erneut eine islamistische Terrorzelle zerschlagen, die Attentate in dem nordafrikanischen Land geplant haben soll. Nahe Amgala in der von Marokko besetzten Westsahara seien 27 mutmaßliche Mitglieder der Gruppe gefasst und ein Waffenarsenal sichergestellt worden, teilte das Innenministerium in Rabat mit.

Ziel der Gruppe sei es gewesen, eine Operationsbasis des Nordafrika-Ablegers des Terrornetzes al-Qaida einzurichten. Die Zelle sei von Mali aus gesteuert worden und habe in Marokko Anschläge mit Autobomben und Sprengstoffgürteln vor allem auf die Sicherheitskräfte geplant. Erst Ende Dezember hatte das marokkanische Innenministerium die Zerschlagung einer anderen Terrorzelle bekanntgegeben.

(dpa)

Die afrikanische Staatengemeinschaft verschärft gegenüber dem abgewählten Präsidenten der Elfenbeinküste, Laurent Gbagbo, den Ton: Kenias Ministerpräsident Raila Odinga bezeichnete Gewalt als "letztes Mittel", um Gbagbo aus dem Amt zu entfernen. Eine militärische Lösung zur Entfernung Gbagbos aus dem Amt werde von der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas und der Afrikanischen Union (AU) weiterhin nicht ausgeschlossen, sagte Odinga nach seiner Rückkehr aus der westafrikanischen Elfenbeinküste.

Odinga hatte sich als Sondervermittler der AU den Vermittlern von Ecowas angeschlossen. Gbagbo weigert sich, seine Wahlniederlage einzugestehen und die Macht an Alassane Ouattara abzugeben, der von der internationalen Gemeinschaft als der rechtmäßige Wahlsieger anerkannt wird. Gbagbo müsse das Amt "friedlich und ohne weitere Verzögerungen übergeben", betonte Odinga im kenianischen Rundfunksender Capital FM.

"Wir hatten schon viel zu lange diese Fälle, in denen Amtsinhaber Wahlen verlieren, sich weigern, das Urteil der Wähler zu akzeptieren und letztendlich eine Teilung der Macht verhandeln", sagte Odinga mit Blick auf die von blutigen Unruhen begleiteten Wahlen in Kenia und Simbabwe. "Das darf nicht afrikanische Norm werden." Eine militärische Lösung zur Entfernung Gbagbos aus dem Amt bleibe weiter eine Option, sagte Odinga. "Wegen des Verlusts von Menschenleben ist das aber das letzte Mittel, das wir vermeiden wollen", sagte er.

Vor den politischen Unruhen in dem westafrikanischen Land sind inzwischen 22.000 Menschen in das benachbarte Liberia geflohen, wie das Flüchtlingskommisariat der Vereinten Nationen (UNHCR) mitteilte. Die meisten Flüchtlinge seien Frauen und Kinder und stammten aus dem Westen des Landes. Es handele sich sowohl um Unterstützer des Wahlsiegers Ouattara, als auch um Anhänger des eigenmächtig im Amt verbliebenen Gbagbo.

(dpa/AFP)

China hat einem japanischen Medienbericht zufolge den Prototyp eines ersten Tarnkappen-Kampfjets fertiggestellt. Peking wolle noch in diesem Monat Testflüge für den J-20 starten, schreibt die japanische Tageszeitung Asahi Shimbun unter Berufung auf informierte Militärkreise. China plane, den Kampfjet, der nur schwer zu orten sein soll, 2017 einsatzbereit zu haben.

Die Maschine, die größer als der F-22 Raptor der US-Luftwaffe ist, werde mit großen Raketen bestückt. Sie könne mit Luftbetankung bis zur US-Pazifikinsel Guam fliegen. China werde jedoch noch etwa 10 bis 15 Jahre an technologischer Entwicklung benötigen, um einen Kampfjet von der Qualität des F-22 zu bauen, hieß es. Die Fertigstellung des Prototyps bestätige, "dass das chinesische Militär rapide mit der Modernisierung seiner Luftwaffe voranschreitet, während es seine Bemühungen verstärkt, in den offenen Ozean vorzustoßen", kommentiert das Blatt. Der Schritt könne das "militärische Gleichgewicht in Ostasien beeinträchtigen".

(dpa)

SPD-Chef Sigmar Gabriel stößt mit seiner Forderung nach einer Senkung der Sozialabgaben für Gering- und Durchschnittsverdiener auf massiven Widerstand des linken Parteiflügels. "Eine solche Entlastung wäre kaum spürbar. Im Bildungssystem sind die Gelder deutlich besser angelegt", sagte Vorstandsmitglied Björn Böhning der Berliner Zeitung.

"Ich fühle mich verschaukelt", erklärte Juso-Chef Sascha Vogt. Auf ihrem Parteitag im September hätten die Sozialdemokraten etwas anderes beschlossen. Die erhofften Mehreinnahmen von etwa fünf Milliarden Euro aus der Anhebung des Einkommenssteuer-Spitzensatzes würden für "den hohen Investitionsbedarf bei der Bildung" benötigt, so Vogt.

Gabriel will die Mehreinnahmen jedoch nutzen, um Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen von ihren teilweise enorm hohen Abgaben zu entlasten. Die Milliarden-Investitionen in Kinderbetreuung und Ganztagsschulen will die SPD hingegen durch Einsparungen im Haushalt und den Abbau schwarz-gelber Subventionen bezahlen.

(dapd)

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