Politicker:Zusammenstöße in Nordirland wegen Flaggen-Streit

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Proteste in Belfast: Am Samstag demonstrierten über 2000 Menschen gegen die Entscheidung der Stadtverwaltung, die britische Flagge nicht mehr täglich zu hissen. (Foto: Reuters)

Seit Tagen kommt es wegen eines Streits um die britische Flagge auf Nordirlands Straßen immer wieder zu Ausschreitungen. Am Samstag demonstrierten 2000 Menschen in Belfast. Die Polizei bleibt im Großeinsatz.

Im Zusammenhang mit der Entscheidung des Stadtrates von Belfast, die britische Flagge nur noch an wenigen Tagen im Jahr über dem Rathaus zu hissen, hat es in der nordirischen Hauptstadt erneut gewaltsame Proteste gegeben. Bei Zusammenstößen zwischen Polizisten und probritischen Demonstranten wurden am Freitagabend in Belfast nach Polizeiangaben acht Beamte verletzt. Fünf Menschen wurden festgenommen.

Zwei Autos seien angezündet worden, teilte die Polizei von Nordirland mit. Acht Polizisten seien bei Straßenschlachten mit hunderten protestantischen Loyalisten verletzt worden. Augenzeugen zufolge warfen Demonstranten Steine und Flaschen auf Polizisten. "Dieses Verhalten ist inakzeptabel", sagte der stellvertretende Polizeipräsident Will Kerr. "Diese Leute schaden ihrer eigenen Gemeinschaft und gefährden Menschenleben." Kerr rief "Politiker und alle Menschen mit Einfluss auf, alles ihnen mögliche zu tun", um die "Gewalt des Mobs" zu beenden.

Der Stadtrat von Belfast hatte am Montag mit 29 gegen 21 Stimmen beschlossen, dass die britische Flagge nur noch an maximal 17 Tagen im Jahr über dem Rathaus aufgezogen werden soll. Daraufhin protestierten Unionisten, die eine feste Anbindung an Großbritannien wollen, jede Nacht in mehreren Städten Nordirlands. Bei den Krawallen hunderter Demonstranten am Montag wurden nach Polizeiangaben 15 Polizisten verletzt. Für Samstag war eine Großdemonstration in Belfast geplant.

Am Freitag hatte die Polizei mitgeteilt, sie habe womöglich einen Sprengstoffanschlag vereitelt. Nach dem Fund eines voll funktionsfähigen Sprengsatzes in einem Fahrzeug seien vier Männer festgenommen worden. Zudem erhielt die Parlamentsabgeordnete Naomi Long aus Belfast eine Morddrohung, weil ihre Alliance-Partei die neue Flaggen-Regelung unterstützt. Die Partei befürwortet eine Union mit Großbritannien, vertritt aber eine moderate Linie.

Die neuen Zusammenstöße folgten unmittelbar auf einen Besuch von US-Außenministerin Hillary Clinton in Belfast. Nordirlands Regierungschef Peter Robinson und sein Stellvertreter Martin McGuinness lobten Clinton sowie ihren Ehemann Bill Clinton für ihre Unterstützung des Friedensprozesses in Nordirland. Der damalige Präsident Clinton hatte in den 1990er Jahren eine entscheidende Rolle im Friedensprozess Nordirlands gespielt. Hillary Clinton verurteilte bei einer Pressekonferenz in Belfast die jüngste Gewalt. "Es darf in Nordirland keinen Platz für Gewalt geben", sagte sie.

In drei Jahrzehnten der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen London-treuen Protestanten und den nach einem vereinten Irland strebenden Katholiken in Nordirland wurden rund 3500 Menschen getötet. 1998 wurde ein Friedensvertrag abgeschlossen, der eine Aufteilung der Macht zwischen Protestanten und Katholiken vorsieht. Seit 2007 hat Nordirland den Status einer halbautonomen britischen Provinz.

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