Polen:Wie die Axt im Walde

Ein Streit über einen Urwald offenbart Polens Probleme mit dem Recht.

Von Daniel Brössler

Mit den von ihr genehmigten Abholzungen im Białowieża-Urwald im Osten Polens hat die Regierung in Warschau ein doppeltes Zerstörungswerk betrieben. Sie legte die Axt an ein einzigartiges Ökosystem und an eine empfindliche Rechtsordnung - jene der Europäischen Union. Ursprünglich nämlich ignorierte sie den vom Europäischen Gerichtshof nach einer Klage der EU-Kommission vorläufig verfügten Stopp der Fällarbeiten. Erst die Androhung eines hohen Strafgeldes zeigte Wirkung.

An sich gehören juristische Konflikte zwischen Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission zum europäischen Alltag. Sie werden in Vertragsverletzungsverfahren ausgetragen und enden häufig vor dem Europäischen Gerichtshof. Im Fall Białowieża aber übertrug die Regierung in Warschau ihre in Polen mittlerweile herrschende eigenwillige Auslegung von Rechtsstaatlichkeit auf die europäische Ebene. Sie schickte sich an, Entscheidungen aus Luxemburg zu ignorieren. So ein Verhalten steht am Anfang vom Ende der EU. Diese existiert, weil und solange sich die Mitglieder an die Regeln halten.

In seinem Antrag hat der Generalanwalt nun die Position der EU-Kommission bestätigt. Das Urteil wird ihr aller Voraussicht nach bald recht geben. Polen hat angekündigt, den Spruch zu respektieren. Das ist gut. Noch besser wäre es, wenn die Regierung auch im eigenen Land eine unabhängige Justiz respektierte. Der große Streit um Polens Rechtsstaatlichkeit wäre dann überflüssig.

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: