Polen:Üben tut not

Warschau und seine Verbündeten ziehen ins Manöver - und Moskau sollte sich nicht darüber beschweren.

Von Daniel Brössler

Zwischen der Nato und Russland herrsche ein Defizit an Vertrauen, hat der Sprecher von Präsident Wladimir Putin konstatiert. Anlass der Äußerung ist die jetzt gestartete Übung "Anakonda 2016" der polnischen Streitkräfte, an der zahlreiche Nato-Staaten teilnehmen. Es ist ein sehr großes Manöver mit 31 000 Soldaten und fast 3000 Fahrzeugen. Das trage nicht dazu bei, eine Atmosphäre von Vertrauen und Sicherheit zu schaffen, lautet die Klage aus Moskau. In der Tat: Vertrauensbildung ist nicht die erste Aufgabe von Manövern. Wer wüsste das besser als die Russen selbst.

Im Herbst 2013 marschierten bei der Übung Sapad nach westlichen Schätzungen 70 000 Soldaten im Nordwesten des Landes auf. Das unerklärte Übungsziel, den baltischen Staaten einen Schrecken einzujagen, wurde vortrefflich erreicht. Unablässig finden in Russland undurchsichtige Ad-hoc-Übungen statt. Russische Soldaten wurden "auf Urlaub" zum Kampf in die Ukraine geschickt. Mit militärischen Mitteln hat Russland die Krim annektiert. Sich da über die Manöver der anderen zu beklagen ist entwaffnend unverschämt.

Polen und seine Verbündeten haben das Recht, die Abwehr eines Angriffs zu üben - auch und gerade kurz vor dem Warschauer Nato-Gipfel. Vor dem Treffen will die Nato übrigens mit Russland über mehr Transparenz bei Manövern reden. Eine Antwort aus Moskau steht aus.

© SZ vom 08.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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