Polen:Rat der Unqualifizierten

Schulfreunde und Ehepartner wachen nun über die Justiz.

Von Florian Hassel

Soll man lachen oder weinen, wenn man die Liste der 15 Richter gelesen hat, die in Polens Landesjustizrat nun angeblich die Unabhängigkeit von Richtern und Rechtsprechung garantieren sollen? Unter den 15 Juristen, die das Parlament auf die Vorschläge der populistischen PiS und der rechten Kukiz hin wählte, ist nicht ein namhafter polnischer Richter. Kein Wunder: Namhafte Juristen boykottierten die "Wahl" des neuen Gremiums wegen des offenen Widerspruchs zur polnischen Verfassung und zu europäischen Rechtsmaßstäben.

Für diese 15 Plätze im nun regierungshörigen Rat fanden sich unter den 10 000 Richtern Polens gerade 18 Kandidaten - es sind vormalige Untergebene des Justizministers, Schulfreunde, Ehefrauen von mit ihm bekannten Richtern; Richter, die ihre Ämter von Gnaden des Ministers bekamen und über so fragwürdige juristische Qualifikationen verfügten, dass sie sich früher ebenso oft wie erfolglos um hochrangige Richterämter bewarben.

Polens neuer Landesjustizrat hat eine ähnliche Glaubwürdigkeit wie das seit Ende 2016 von Gefolgsleuten der Regierung kontrollierte Verfassungsgericht: gar keine. Die nächsten Schritte sind absehbar: der gleichfalls verfassungswidrige Austausch der Richter des Obersten Gerichts, danach die Beschneidung der Vollmachten von Polens Menschenrechtskommissar oder seinen Ersatz durch einen willfährigen Kandidaten. Dann sind auch die letzten Reste des Rechtsstaats beseitigt.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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