Polen:Frechheit siegt

Die Regierung vertraut darauf, dass ihr die EU nichts entgegensetzt.

Von Florian Hassel

Die Konfrontation zwischen Polen und Europa steuert auf einen neuen Höhepunkt zu: Ende Oktober läuft das Ultimatum aus, das die EU-Kommission der nationalpopulistischen Regierung in Warschau gestellt hat, um die "systematische Bedrohung des Rechtsstaats" zu beseitigen. Die besteht fort, wie am Freitag die Venedig-Kommission des Europarats feststellte: Eine im Juli in Warschau verabschiedete Korrektur zu einem verfassungswidrigen Gesetz über das Verfassungsgericht ist genauso rechtswidrig wie das Vorgängergesetz.

Auch bei anderen mutmaßlich verfassungswidrigen Gesetzen - etwa zu Medien, Beamten, Polizei und Geheimdienst - ist keine Besserung in Sicht. Polens eigentlicher Herrscher Jarosław Kaczyński gibt nicht nach, da er dann sein Ideal eines eher autokratischen denn demokratischen Regierens nicht verwirklichen könnte. So ignoriert er eine polenkritische Resolution des Europaparlamentes und die Kritik der Venedig-Kommission.

Kaczyński wird dies auch nach Ablauf des Ultimatums der EU-Kommission tun. Er setzt darauf, dass die EU bellt, aber nicht beißt - also nichts tut, was seiner Regierung wehtut, wie die Streichung von Zuschüssen oder die Suspendierung des polnischen Stimmrechts. Geht sein Kalkül auf, wird nicht nur die Demontage des Rechtsstaats in Polen fortgesetzt. Auch der Ruf der EU nimmt weiteren Schaden.

© SZ vom 15.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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